Die Lösung, die Bundeskanzlerin Merkel, SPD-Chefin Nahles und Bundesinnenminister Seehofer für Verfassungsschutz-Chef Maaßen gefunden hatten, wird heftig kritisiert. Nun wollen sie neu verhandeln, um einen Kompromiss zu finden, der auch von der Bevölkerung akzeptiert wird.

Erst schießt sich Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen ins Aus mit seiner umstrittenen Aussage über ein Video, das zeigt, wie ein Mann mit ausländischem Aussehen von einem Mann auf der Straße verfolgt wird: Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen hatte die Authentizität des Videos bezweifelt. 

Parteispitzen suchen Lösung

Nach harscher Kritik von allen Seiten versucht Hans-Georg Maaßen im Anschluss, seine Aussage zurechtzurücken. Erfolglos. Die Forderungen nach seinem Rücktritt werden immer lauter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und SPD-Chefin Andrea Nahles suchen daher gemeinsam eine Lösung, damit die große Koalition nicht auseinanderbricht.

Beförderung Maaßens zum Innnenstaatssekretär nicht vermittelbar

Das Ergebnis: Hans-Georg Maaßen soll Staatssekretär im Bundesinnenministerium bei Horst Seehofer werden und zwei Besoldungsgruppen nach oben rutschen. Denn Seehofer wolle nicht auf Maaßens Expertise verzichten – und versetze dafür den Staatssekretär Gunther Adler in den vorzeitigen Ruhestand. Der 55-jährige Leipziger Gunther Adler ist Mitglied der Sozialdemokraten und gilt als Experte für Bauen und Wohnen.

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Diese Lösung wird von allen Seiten scharf kritisiert und zwar so sehr, dass Andrea Nahles zurückrudert: Das Ergebnis sei nicht vermittelbar. Stattdessen hätten die drei Politiker Vertrauen verloren, deshalb sollten Merkel, Seehofer und sie innehalten und eine neue Verabredung finden. 

Der Druck ist auch auf Merkel und Seehofer so groß – nach dem neuesten ARD-Deutschlandtrend ist die AfD zweitstärkste Partei – dass auch sie Bereitschaft zu neuen Gesprächen signalisieren.

Entweder Kompromiss oder Bruch

Andrea Nahles kämpfe vor allem um die SPD-Führung, sagt Politikwissenschaftlerin Maria Türk. Aber auch Angela Merkel sei froh, noch einmal verhandeln zu können, schätzt die Expertin von der HU Berlin. Ob die Politiker so tatsächlich wieder Vertrauen zurückgewinnen könnten, hänge vor allem davon ab, welche Lösung gefunden und wie diese verkauft werde.

"Zu der Lösung muss ja auch Horst Seehofer zustimmen, der nicht gerade für seine Kompromissbereitschaft bekannt ist."
Maria Türk, Politikwissenschaftlerin von der HU Berlin

Die drei Politiker hätten so sehr darauf geachtet, dass weder CDU, CSU noch SPD als Verlierer dastehen, dass sie dabei die Außenwirkung ihrer Entscheidung auf die Bevölkerung völlig unterschätzt hätten. So einen politischen Fehler könne man eigentlich nur damit erklären, dass der Bruch der großen Koalition so konkret im Raum stand, dass die beiden Politikerinnen Angela Merkel und Andrea Nahles froh darüber waren, überhaupt eine Einigung mit Horst Seehofer erzielt zu haben.

Ressortprinzip vor Richtlinienkompetenz

Angela Merkel als Bundeskanzlerin kann Bundesinnenminister Horst Seehofer nicht einfach sagen, was er zu tun hat: Es gilt das Ressortprinzip. Demnach leitet er selbstständig und eigenverantwortlich sein Ministerium. "Darunter fällt neben der Organisations- und Sach- auch die Personalgewalt", sagt Maria Türk. Die Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin greift in dem Falle nicht.

"Laut Verfassung hat Seehofer freie Wahl, wen er einstellt."
Maria Türk, Politikwissenschaftlerin von der HU Berlin

Bei all ihrer Erfahrung und ihrem politischen Verständnis hätte Angela Merkel klar sein müssen, dass die Beförderung von Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär "nicht so gut ankommen würde", urteilt Maria Türk. Nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin hätte die Bundeskanzlerin mehr Druck ausüben können. 

"Es hängt mal wieder an Horst Seehofer."
Maria Türk, Politikwissenschaftlerin von der HU Berlin

Letztlich würden nur zwei Wege offen bleiben: Entweder Horst Seehofer lenkt ein oder es kommt zum Koalitionsbruch, fasst Maria Türk zusammen.

Mehr zu dem Fall Maaßen bei Deutschlandfunk Nova:

Shownotes
Causa Maaßen und kein Ende
"Es hängt mal wieder an Horst Seehofer"
vom 22. September 2018
Moderator: 
Dominik Evers
Gesprächspartnerin: 
Maria Türk, Politikwissenschaftlerin von der HU Berlin