Es gibt Männer, die machen im Netz Stimmung gegen Frauenthemen. Sie reagieren etwa allergisch auf die Berichterstattung über sexuelle Belästigung von Frauen. Oder fühlen sich angegriffen von feministischen Themen, weil sie die Gerechtigkeit, beide Geschlechter in den Blick zu nehmen, vermissen.

Vor Ostern brachte die Mitteldeutsche Regiobahn eine Pressemitteilung heraus, nach der es nun Frauenabteile auf der Strecke zwischen Leipzig und Chemnitz gebe. Jetzt rudert die MRB zurück und erklärt: "Natürlich dürfen auch Männer rein!" Die Frauenabteile hießen in Wirklichkeit "Familienzonen".

Erhitzte Reaktionen auf feministische Inhalte

Im Netz wurde das Thema heiß diskutiert: Ob jetzt Männer und Frauen nicht mehr im selben Zug fahren dürften? Ob das eine Reaktion auf Silvester in Köln sei und darin ein unverhohlener Rassismus mitschwingt? Und dann gab es noch die Reaktion von Anna Lena Bankel, die unter dem Hashtag #imzugpassiert dazu aufrief, über sexuelle Belästigungen in der Bahn zu posten. Der Hashtag wurde viral, Menschen schrieben über ihre Erfahrungen – aber ebenso viele schrieben abwertende Kommentare:

"Ein Extra-Abteil für Feministinnen ist klasse, dann nerven diese Trullas die normalen Leute nicht."
Kommentar bei Facebook

Als wir hier auf DRadio Wissen darüber berichteten, gab es sofort Kommentare von Männern, die sich angegriffen fühlten à la "Wie lange dauert eigentlich die Ausbildung zum Hofberichterstatter der Femis?" Die Journalistin Mithu Sanyal glaubt, dass die Reaktionen zum einen ganz banal ein Problem des Mediums Internet sind.

"Es ist online viel leichter, abwertend über einen Menschen zu sprechen, weil ich dem nicht in die Augen sehen muss."
Mithu Sanyal, Journalistin

Es gebe drei ganz bestimmte Themen, sagt Sanyal, die sozusagen neuralgisch wirken, bei denen die Emotionen wirklich hochkochen:

  • Sexarbeit
  • Rassismus
  • Feminismus
"Ich habe eine ganze Reihe Kolleginnen und Freundinnen, die regelmäßig Morddrohungen erhalten."
Mithu Sanyal

Welche Männer machen Stimmung gegen Frauenthemen?

Es sei wichtig, zwischen zwei Gruppen zu differenzieren, sagt Sanyal: Zum einen seien da die Antifeministen, die wirklich explizit gegen die Gleichberechtigung und die Vielfalt der Geschlechter sind. Die Anti-Feministen seien organisiert. Sie verabreden sich über Onlineforen, um zum Beispiel gezielt bei bestimmten Themen Kommentare zu posten.

"Man hat immer das Gefühl, dass da eine Wand entgegenkommt, aber so viele sind das in Wirklichkeit gar nicht."
Mithu Sanyal

Und dann gebe es noch die Männerrechtler, die ein echtes Anliegen haben, das man natürlich auch Ernst nehmen müsse. Einer der Kommentatoren, die auf unseren Beitrag reagiert haben, hat sich bereit erklärt, mit Mithu Sanyal zu sprechen.

"Gerade die Leute, die #imzugpassiert kritisieren, sind Männer, die aufstehen würden, wenn jemand im Zug um Hilfe ruft. Es geht uns nicht darum, das für Frauen schlechter zu machen, sondern wir glauben einfach, dass eine gewisse Gerechtigkeit herrschen sollte in der Diskussion."

Wo beginnt für euch sexuelle Belästigung?

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 7022 Fälle von sexueller Nötigung und Vergewaltigung bei der Polizei angezeigt. Das sind weniger als im Jahr davor – aber natürlich immer noch 7022 zu viel. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Dunkelziffer deutlich höher sein dürfte.

Wo sexuelle Belästigung anfängt, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Für die meisten Frauen beginnt sie mit einer körperlichen Berührung.

Umfrage auf der Straße
"Wenn mir jemand zu nahe kommt. Beim Anfassen. Am Hintern oder an den Brüsten – das ist für mich definitiv eine sexuelle Belästigung."

Mehr zu #imzugpassiert:

Shownotes
Feminismus
Wenn man(n) genervt ist
vom 31. März 2016
Moderation: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Mithu Sanyal, Journalistin