Mit Finnland begrüßt die Nato ihr 31. Mitglied und stärkt sich dadurch gegen mögliche Aktionen aus Russland. Die Nato könnte weiter wachsen. Gegen den Beitritt Schwedens kommt Widerstand aus der Türkei und Ungarn.

Die Nato hat Finnland als neues Mitglied in das Verteidigungsbündnis – zum Schutz von europäischen und nordamerikanischen Mitgliedsstaaten – aufgenommen. Mit der Übergabe der Beitrittsurkunde vom finnischen Außenminister Pekka Haavisto an den US-amerikanischen Außenminister Antony Blinken – der die Urkunde am Nato-Gründungsort in Washington aufbewahren soll – ist der Aufnahmeprozess Finnlands endgültig abgeschlossen.

Der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nennt den Beitritt Finnlands historisch. Das Land hat eine 1.300 Kilometer lange Grenze zu Russland und fühlt sich durch Russlands Angriff auf die Ukraine bedroht. Der Nato-Generalsekretär sagte weiter, dass die Nato durch Finnlands Beitritt stärker sei und Finnland besser gesichert sei.

Finnland gilt als Bereicherung für die Nato

Marina Henke ist Professorin für Internationale Beziehungen und Direktorin des Centre for international Security an der Hertie School. Sie sagt: "Finnland hat eine sehr starke und moderne Armee. Bis jetzt ist es so sehr gut zurechtgekommen, Russland abzuschrecken. Deswegen kann nicht von einer Last für die Nato – sondern eine Bereicherung sprechen."

"Ein russischer Angriff auf Finnland ist sehr unwahrscheinlich. Aber es gibt immer wieder Spekulationen, ob Russland das Baltikum angreifen könnte."
Marina Henke, Professorin für Internationale Beziehungen und Direktorin des Centre for international Security an der Hertie School

Finnland hat 5,5 Millionen Einwohner, 280.000 Menschen sind Soldat*innen. In Finnland gibt es noch immer eine Wehrpflicht. Das skandinavische Land investiert viel Geld in Verteidigung und verfügt über Kampfjets und Panzer.

Russischer Angriff auf Baltikum wird unwahrscheinlicher

Wenn die Nato Häfen und finnische Militärposten zur Abwehr gegen einen russischen Angriff auf einen baltischen Staat nutzen könnte, wird so ein Angriff unwahrscheinlicher und schwieriger, vermutet Marina Henke. Im zukünftigen Umgang zwischen den Nato-Staaten und Russland, sieht die Direktorin des Centre for international Security an der Hertie School zwei Möglichkeiten: "Entweder man macht Zugeständnisse und lässt sich von Russland sozusagen einschüchtern – oder man sagt, wir gehen auf Abschreckung und signalisieren Russland, dass das, was du gerade in der Ukraine machst, darf nie wieder geschehen. Wir in der Nato sind absolut geeint dahinter, das zu verhindern. Dieser Eintritt von Finnland soll ganz klar eine abschreckende Wirkung auf Russland haben."

"Wenn Russland auch nur einen Zentimeter über die Grenze nach Finnland geht, hat es mit der ganzen Nato zu tun."
Marina Henke, Direktorin des Centre for international Security an der Hertie School

Erdoğan und Orban fordern Zugeständnisse Schwedens

Dass sich die Nato weiter vergrößert, ist möglich. Auch Schweden würde dem Verteidigungsbündnis gerne beitreten. Dazu ist jedoch die Zustimmung aller Mitglieder nötig. Die Türkei und Ungarn verwehren Schweden aktuell noch den Beitritt.

Grund für die Ablehnung Ungarns sind Aussagen aus Schweden zur Rechtsstaatlichkeit und Korruption in Ungarn. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wirft der schwedischen Politik mangelnden Einsatz gegen "Terrororganisationen" vor. Gemeint ist damit etwa die in der Türkei verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Marina Henke vermutet, dass die Vorbehalte der ungarischen und der türkischen Führung mit innenpolitischen Ideologien der Präsidenten Viktor Orbán (Ungarn) und Recep Tayyip Erdoğan (Türkei) zu tun haben.

Marina Henke zufolge fordern Orban und Erdoğan Zugeständnisse Schwedens für die Zustimmung zum Nato-Beitritt. Dazu gehört etwa, dass Schweden Dissidenten ausliefert und aufhört, die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn zu kritisieren. Sowohl für Orban als auch für Erdoğan gehe es dabei vor allem um innenpolitische Interessen. "Ob es der Nato gut geht, ist – glaube ich – Ungarn und der Türkei ziemlich egal", so Marina Henke.

Shownotes
Verteidigungsbündnis
Was Finnlands Beitritt für die Nato bedeutet
vom 05. April 2023
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Marina Henke, Professorin für Internationale Beziehungen und Direktorin des Centre for international Security