Spielen ist alles: Spaß, Geschäft - außerdem geht's um öffentliche Fördergelder. Die flächenmäßig größte Gamescom hatte zwar viel Platz für Besucherinnen und Besucher. Als die Cosplayer kamen, wurde es trotzdem eng. Ein Rückblick auf die Gamescom 2023.
Sie sind für euch auf der Gamescom unterwegs: Die Deutschlandfunk-Nova-Reporter Thomas Ruscher und Martin Schütz, vom Eröffnungstag bis zum Wochenende. Sie haben Games gesehen, das Business, Gamerinnen und Gamer und Cosplay vom Feinsten. Die einzelnen Gespräche hört ihr mit einem Klick auf Play.
Wie die Politik mitspielt
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich auf der Spielemesse blicken lassen und eine VR-Brille aufgezogen, die Berliner Landespolitikerin Franziska Giffey (SPD) war da, der nordhein-westfälische Europa- und Medienminister Nathanael Liminski (CDU) und die politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Emily Büning.
Auf der Spielemesse waren also viele Politiker*innen unterwegs. Die Gaming-Branche hat wirtschaftliches Gewicht und bietet Anschluss an die Jugendkultur. Teils haben Politiker*innen auf dem Gamescom-Kongress etwas abseits der vollen Messehallen diskutiert, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Martin Schütz. Unterschwellig geht es dabei auch stets um den Standort der Messe. Berlin möchte sie gerne in der eigenen Stadt ansiedeln.
Kopfschütteln gab es dort insbesondere seitens der kleineren deutschen Gaming-Firmen. Sie fürchten den Auslauf der Förderung durch die Politik. Insgesamt seien die Berührungspunkte zwischen politischem Personal und dem Publikum schon recht übersichtlich gewesen, findet Martin Schütz. Politiker*innen und Gamer*innen kommen sich auf der Gamescom eigentlich kaum in die Quere, sagt der Deutschlandfunk-Nova-Reporter.
Nebeneinander von Groß und Klein
Zwar sind Spiele mit Produktionskosten von 200 Millionen US-Dollar eine Seltenheit. Es gibt sie aber doch: "Horizon Forbidden West" oder "The Last of Us" sind in dieser Klasse angesiedelt. Man sieht es den Spielen an, findet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Thomas Ruscher. Er weist aber darauf hin, dass die Firmen diese Kosten halt auch wieder einspielen wollen.
"Starfield" ist die eine Mega-Produktion, die die Gamescom 2023 dominiert. Spielen lässt sich das Science-Fiction-Game noch nicht . Der Hersteller ist aber mit einem eigenen Kino und Fotoboxen auf der Messe. Die Marketing-Maschine läuft also.
Und dann ist da noch "Baldur's Gate". Ein Spiel mit 170 Stunden Videomaterial und diese Tatsache haben die Entwickler*innen bereits vor der Spielveröffentlichung an die große Marketing-Glocke gehängt. Ein Move, der nicht überall gut angekommen ist.
Cosplay: Heimliche Stars der Gamescom
Große Flügel, große Waffen: Diese Accessoires brauchen auf der Gamescom eine Menge Platz. Für Cosplayer*innen (kostümierte Spieler*innen) ist gerade diese Messe besonders attraktiv. Entspringen doch viele ihrer Charaktere Spielen, die auf der Messe präsent sind. Auf der Gamescom gelten klare Regeln, was Waffen und mitgeführte Gegenstände angeht. Insgesamt fördert die Messe das Cosplay aber in ihren Hallen mit Wettbewerben und sogar einer eigenen Nähstube für spontane Outfit-Reparaturen.
"Immer dann, wenn es sich richtig knubbelt, kann man davon ausgehen, dass ein Cosplayer unterwegs ist. Die brauchen viel Platz."
Martin Schütz ist dort Shelly begegnet. Sie ist als Rapi aus "Goddess of Victory: Nikke" unterwegs. Shelly hat sich vor ihrem Aufbruch in Frankfurt ein paar Stunden geschminkt. Mit der Arbeit an dem Kostüm hat sie vor Wochen angefangen. Sie freut sich, wenn ihr Charakter wiedererkannt und gefeiert wird.
Martin Schütz hat außerdem mit der Medienwissenschaftlerin Judith Ackermann gesprochen. Für sie ist Cosplay ein Zeichen dafür, dass Gaming im weiteren Sinne kulturell wirksam ist. Das sei es eben, wenn eigene Geschichten aus bestehenden Figuren entwickelt werden, erklärt sie.
Action im Stil von Hieronymus Bosch
Kleine Spiele, großer Wumms: Indie-Games haben tendenziell ein höheres Innovationspotential als die ganz großen Produktionen von Ubisoft und Electronic Arts beispielsweise. Irgendwo dazwischen ist "Pioneers auf Pagonia" von Siedler-Erfinder Volker Wertich. Er hat seinem ersten mittelalterlichen Aufbaustrategiespiel seit 20 Jahren ein bisschen Magie und Werwölfe spendiert.
Und dann ist da noch "Hieronymous" – siehe auch den Instgram-Post oben – ein Action-Spiel, bei dem sich Spielende durch Bildwelten bewegen, die an Werke des niederländischen Renaissance-Malers Hieronymus Bosch angelehnt sind.
Der Grafiker Jürgen Friedrichs vom Hersteller Rhenus Vina Musica ist überzeugt von der Anschlussfähigkeit seines Games und sagt: "Einfach diese Skurrilität, dieses Setting. Ich denke, das enthält etwas, das für jeden interessant sein könnte."
Wer auf der Gamescom wirbt
Wer genug Screentime hatte und eine Pause braucht, findet auf der Gamescom auch Stände, die nichts mit Gaming zu tun haben. Unser Reporter hat beispielsweise einen großen Handelskonzern unter den Ausstellenden gespottet, einen Autobauer und Streamingdienste.
Was manche Spielende kritisieren, sehen Firmenvertreter*innen eher als Anerkennung der gesamten Branche. Außerdem haben manche branchenfremde Firmen und Organisationen eine jahrelange Tradition. Die Bundeswehr zum Beispiel. "Da geht es ganz klassisch um die Rekrutierung von Nachwuchs", sagt Martin Schütz.
Eröffnung: Gaming-Boom und Förderung
Am Mittwoch (23.08.23) hat die die Gamescom auf dem Messegelände in Köln Deutz ihre Pforten geöffnet. Mit 230.000 Quadratmetern ist sie von der Fläche her die bislang größte Ausgabe der Messe überhaupt.
Der Gaming-Markt in Deutschland hat ein Umsatzvolumen von rund 10 Milliarden Euro jährlich, allerdings wird nur ein kleiner Teil der Spiele auch in Deutschland produziert, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Thomas Ruscher. Seit 2020 fördert die Bundesregierung die Branche mit bis zu 70 Millionen Euro im Jahr.
Felix Falk, Geschäftsführer des deutschen Game-Verbandes, hofft darauf, dass die Förderung auf diesem Niveau bleibt und noch durch Modelle der steuerlichen Förderung ergänz wird. Nur so könne die Gaming-Produktion hierzulande international wettbewerbsfähig werden.
Thomas Ruscher weist darauf hin, dass die Produktion größerer Games wie etwa das viel-gelobte "Shadow Gambit: The Cursed Crew" mit rund zwei Millionen Euro Fördergeldern finanziert worden ist.