Außerirdische Reptilien beherrschen die Welt. Mit Impfungen sollen wir gefügig gemacht werden. Und Deutschland ist kein souveräner Staat, sondern eine GmbH. Verschwörungstheorien haben derzeit Konjunktur, und das kann gefährlich sein für unser politisches System, warnt der Amerikanist Michael Butter.

Die gute Nachricht: Es war schon mal schlimmer. Verschwörungstheorien gab es schon immer, und früher waren sie in der Öffentlichkeit sogar weiter verbreitet und akzeptierter als heute, sagt der Tübinger Amerikanistik-Professor Michael Butter, der zu Verschwörungstheorien forscht. 

"Es war in der westlichen Welt bis circa 1960 völlig normal, an Verschwörungstheorien zu glauben."
Michael Butter, Professor für amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft

Die schlechte Nachricht: Tatsächlich gibt es derzeit wieder einen Boom, räumt Michael Butter in seinem Vortrag ein, Internet und Social Media machten Verschwörungstheorien wieder sichtbarer. Und das kann gefährlich sein, warnt er: 

  • für einzelne Personen, wie der Mord an einem Polizisten durch einen Reichsbürger im Herbst 2016 gezeigt hat.
  • für Gruppen, wenn Verschwörungstheorien - Michael Butter bevorzugt den Begriff Verschwörungsideologien - den Hass auf Minderheiten schüren.
  • und auch für die Demokratie, die auf ein gewisses Maß an gemeinsamer Öffentlichkeit angewiesen ist sowie auf einen minimalen gesellschaftlichen Konsens über Fakten und Wissen und auf die politische Teilhabe der Bürger.
"Verschwörungstheorien machen ein ganz starkes Sinn- und Erklärungsangebot."
Michael Butter, erforscht Verschwörungstheorien

Was Verschwörungstheorien so attraktiv mache: Sie bieten einfache Wahrheiten in einer komplizierten Welt und geben dadurch Halt. Daher ließen sich Verschwörungstheorien auch sehr gut gezielt einsetzen, um Politik zu beeinflussen und Geld zu machen – und das geschehe auch, wie Michael Butter an Beispielen in seinem Vortrag erläutert.

"Verschwörungstheorien lassen sich wunderbar politisch instrumentalisieren."
Michael Butter, Universität Tübingen

Butter hält derzeit Verschwörungstheorien vom "großen Austausch" für die gefährlichsten. Diese Theorien werden vor allem von Rechtspopulisten verbreitet und besagen, dass Flüchtlingsbewegungen durch den Staat oder von wirtschaftlichen Eliten gesteuert würden. Ziel davon soll es sein, die deutsche Bevölkerung durch fremde, beispielsweise muslimische, Bevölkerungsgruppen, zu ersetzen.

"Es ist alles geplant, es ist alles miteinander verbunden, und nichts ist so wie es scheint."
Michael Butter, Amerikanist, über die Hauptcharakteristika von Verschwörungstheorien

In seinem Vortrag "Faszination Verschwörung – Geschichte und Wirkungen von Verschwörungstheorien" erklärt Michael Butter, was Verschwörungstheorien eigentlich sind und wie sie sich von realen Verschwörungen unterscheiden, was sie so attraktiv macht, wie sie sich entwickelt haben und welche Wirkungen sie entfalten können. Gehalten hat er den Vortrag im Rahmen der Reihe "Dialog im Museum" am 19. Juni 2018 im Stuttgarter Daimler-Benz-Museum auf Einladung der Daimler und Benz-Stiftung.

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Shownotes
Gefahr durch Verschwörungstheorien
Einfache Wahrheiten für eine komplizierte Welt
vom 25. August 2018
Moderation: 
Katrin Ohlendorf
Vortragender: 
Michael Butter, Universität Tübingen, Professor für Amerikanische Literatur- und Kulturgeschichte