Wie wir uns ernähren, kann Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit haben – darauf deuten zumindest neue Erkenntnisse hin. Ganz wichtig dabei: die Verbindung von Gehirn und Darm.

Wer sich gut ernährt, tut was für die Gesundheit – bisher galt diese Faustregel vor allem für das körperliche Wohlbefinden. Jetzt haben Forscherinnen und Forscher des University College London herausgefunden: Eine bestimmte Ernährung kann auch dabei helfen, Depressionen zu vermeiden. Dafür hat das Forscher-Team Daten von über 36.000 Erwachsenen aus mehr als 40 Studien ausgewertet. Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Ilka Knigge hat sich die Studie genauer angeschaut.

Eine wichtige Erkenntnis des Forscherteams: Mediterrane Ernährung soll Depressionen vorbeugen. Eine für das Mittelmeer typische Ernährung enthält viel Gemüse, Obst und Fisch. Für Menschen, die sich so ernähren, könne sich das Risiko an Depressionen zu erkranken, um bis zu einem Drittel verringern, sagen die Forscher. Allerdings gelte das erst ab einem Zeitraum von acht bis zwölf Jahren. 

Umgekehrt haben den Forschern zufolge Menschen ein erhöhtes Depressionsrisiko, wenn sie viele gesättigte Fettsäuren, Zucker und verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen. Dabei könnte die Kommunikation zwischen Darm und Hirn eine wichtige Rolle spielen.

Darm und Hirn kommunizieren über verschiedene Wege

Wenn der Darm mit dem Hirn kommuniziert, kann das auf verschiedene Arten passieren: Ein sehr direkter Weg verläuft beispielsweise über Nerven. Denn wie unser Gehirn besteht der Darm zu großen Teilen aus Nervenzellen – er hat sogar mehr davon als das Rückenmark. Daher wird in der Wissenschaft auch vom Darmhirn gesprochen. Darmhirn-Nerven, wie der Vagusnerv, verbinden Hirn und Darm direkt miteinander. 

Der Darm kann aber auch über seine Bakterien Informationen an das Gehirn geben. Ilka hat darüber mit der Medizinerin Giulia Enders gesprochen, Autorin des Bestsellers "Darm mit Charme". Sie erklärt, warum der Darm und seine Darmbakterien auch wichtig für unser Immunsystem sind. Wenn wir beispielsweise krank werden und uns vorher schon schlecht fühlen, ist wahrscheinlich auch der Darm daran beteiligt.

"Wenn man dann am nächsten Tag aufwacht und merkt 'Aaah, ich krieg also eigentlich grad 'ne Erkältung', erklärt sich auf einmal, warum man gestern so ein bisschen zartbesaitet war. Das Immunsystem mit den ganzen Dingen, die unsere Zellen so in unser Blut ausschütten, ist auch ganz wichtig und da ist unser Darm eben auch mit dran beteiligt."
Giulia Enders, Medizinerin und Autorin

Ein weiterer Kommunikationsweg des Darms zum Hirn: die Hormone. Der Darm produziert verschiedene Hormone, die beim Gehirn melden können, wenn etwas komisch ist.

Den Bakterien im Darm muss es gut gehen

Wenn wir uns also gesund ernähren und weitestgehend auf vermeintlich schlechte Stoffe verzichten, sollte der Darm dem Hirn das zurückmelden. Denn bestimmte Lebensmittel wie Gemüse sind gut für den Darm und seine Bakterien, sagt Giulia Enders. Wer diese Lebensmittel isst, tut den Bakterien im Dickdarm etwas Gutes. Sie stellen Energie her und das wirkt sich wiederum positiv auf den Darm aus.

"Wenn wir viel Gemüse und solche Dinge essen, dann geht’s den Bakterien gut im Dickdarm, die stellen Energie her und dadurch geht’s einfach unserem Darm besser, das gefällt dem. Und vielleicht funkt er es hoch an den Kopf."
Giulia Enders, Medizinerin und Autorin

Ebenfalls gut: erwärmte und dann wieder kalt gewordene Kohlenhydrate. Denn die sind im Dünndarm etwas schwieriger aufzuspalten und erreichen so besser den Dickdarm und können dort Mikroben ernähren. Giulia Enders empfiehlt zum Beispiel Lebensmittel wie Sushi-Reis.

"So Dinge wie Sushi-Reis zum Beispiel können Mikroben ernähren. Weil wenn wir Kohlenhydrate aufwärmen und wieder abkühlen lassen, dann erreichen die eher den Dickdarm, weil die dann im Dünndarm ein bisschen schwieriger aufzuspalten sind. Das heißt, die brauchen einfach länger und werden nicht so schwupp ins Blut ausgeschüttet."
Giulia Enders, Medizinerin und Autorin

Dem Heißhunger mal nachzugeben ist okay – aber nicht immer

Wenn wir also Lebensmittel essen, denen Ballaststoffe und Vitamine fehlen, ist das von Nachteil für unseren Darm. Noch schlechter ist es, wenn diese Lebensmittel viele gesättigte Fette enthalten, zum Beispiel durch das Frittieren. Denn manche Fette können für Entzündungen sorgen.

Trotzdem ist es okay, den Heißhunger auch mal nachzugeben und Chickenwings und Burger zu essen, sagt Ilka. Dabei ist es nur wichtig zu wissen, dass bestimmte Lebensmittel in der Lage sind, den natürlichen Kompass in unserem Körper auszuschalten, der uns sagt, was wir gerade brauchen. Das sind dann Kombinationen aus vielen Kohlenhydraten und viel Fett – also vermeintlichen Energielieferanten.

"Auch die Chickenwings sind manchmal ja ok. Wenn du da oft Heißhunger drauf hast, dann aber auch, weil Kombis aus ganz vielen Kohlenhydraten und ganz viel Fett, in der Lage sind, diesen natürlichen Kompass unseres Körpers, der uns sagt, was wir gerade brauchen, auszuschalten."
Giulia Enders, Medizinerin und Autorin

Grund dafür, dass wir Heißhunger auf solche Gerichte haben, obwohl sie nicht gut für uns sind, könnte sein, dass unsere Vorfahren oft zu wenig Essen hatten. Wenn energiereiches Essen mit vielen Kohlenhydraten und Fetten da war, mussten die Energiespeicher direkt aufgefüllt werden. 

Es spricht einiges dafür, dass der Körper diesen Mechanismus heute noch nutzt – auch wenn er in der Regel immer Essen zur Verfügung hat. Und dann kann das Bauchgefühl auch mal etwas durcheinander kommen, sagt Ilka. Auch wenn es sonst ein gutes Indiz dafür ist, was unser Körper braucht.

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Shownotes
Gesundheit
Wie gesunde Ernährung das Depressionsrisiko senken kann
vom 26. September 2018
Moderator: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartnerin: 
Ilka Knigge, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin