Hohe Energiepreise, Lieferkettenprobleme, Chipmangel – es gäbe genügend Gründe für Unternehmen gerade in der Krise zu stecken. Viele von ihnen haben im vergangenen Jahr aber sogar profitiert. Das gilt vor allem für sehr große Konzerne.
Trotz Krieg und Krisen haben viele DAX-Konzerne in den bisherigen Quartalen 2022 rekordverdächtige Zahlen erreicht. Bei Energiekonzernen mag das wenig überraschend sein, schließlich profitieren sie von den steigenden Preisen, erklärt Gregorg Lischka aus der Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsredaktion.
Probleme in den Lieferketten für viele von Vorteil
Der zweitgrößte Energieversorger Deutschlands RWE beispielsweise rechnet für das Jahr 2022 mit einem Gewinn von 5,5 Milliarden Euro – vor Abzug von Steuern ud Zinsen. Im vorherigen Jahr waren es noch rund 3,5 Milliarden Euro. Doch nicht nur Energiekonzerne kassieren in der Krise. Viele der im DAX gelisteten Konzerne verzeichnen sowohl eine starke Umsatz- als auch Gewinnentwicklung – und das dank und nicht trotz der Lieferkettenprobleme.
Das liegt daran, dass zwar beispielsweise weniger Autos verkauft, dafür die Preise aber erhöht wurden, erklärt Helena Wisbert. Sie ist BWL-Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule. Im Vergleich zwischen August 2021 und August 2022 liege die Preissteigerung bei Autos mit Verbrennungsmotor bei 7,5 Prozent und bei den reinen Elektrofahrzeugen sogar bei 8,7 Prozent.
"Mercedes Benz hat zum Beispiel das Kunststück vollbracht, weniger Autos zu verkaufen und trotzdem mehr Gewinn zu machen."
Das bedeutet konktret, dass die Unternehmen durch das verknappte Angebot höhere Preise verlangen konnten. Das gilt aber nicht nur für die Automobilindustrie, sondern zieht sich durch viele andere Branchen, erklärt unser Wirtschaftsexperte. Neben höheren Preisen, konnten die Unternehmen aber auch an anderer Stellschraube drehen, indem sie gewisse Produkte bevorzugt haben.
"Es wurden die Produkte präferiert, die eine hohe Produktmarge versprechen – also Automobile im Premium-Preissegment"
Wenn nur ein Teil lieferbar war, haben die Unternehmen diese Teile lieber in Produkte gesteckt, die eine hohe Gewinnmarge versprachen. Das bedeutet im Beispiel der Automobilindustrie etwa, dass sich eher auf den Verkauf von hochwertigen Automobilen fokussiert wurde und weniger auf Automobile im Niedrigpreissegment.
Mit dieser Preispolitik ist es den Autokonzernen gelungen, nicht nur die gestiegenen Preise weiterzureichen, sondern sie sogar soweit zu erhöhen, dass sie zusätzliche Profite machen konnten, erklärt Gregor Lischka.
"Wir erwarten, dass die Unternehmen in großen Teilen auf höheren Lohnkosten und höheren Energiekosten sitzen bleiben und die Gewinnmargen sich im Gegensatz zur ersten Jahreshälfte verkleinern."
So weitergehen wird es aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Die deutsche Wirtschaft rutscht eher in Richtung Rezession, so unser Wirtschaftsexperte. Es habe den Anschein, als haben die DAX-Unternehmen noch einmal abgesahnt, bevor es jetzt eher bergab gehe.
Zweite Jahreshälfte könnte Abschwung bedeuten
Maximilian Uleer ist Kapitalmarktstratege der Deutschen Bank Research. Er meint, dass wir für das Jahr 2022 zwischen der Aufschwungphase unterscheiden müssen und dem, was darauf folgen könnte. Das könnte für die Unternehmen eher schlecht aussehen, denn die gestiegenen Energiekosten werden sich erst jetzt bei den Unternehmen bemerkbar machen.
Außerdem stehe der Winter vor der Tür, was oft allgemein die Kauflaune der Kund*innen trübe. Das würde bedeuten, dass die Unternehmen auf den Lohnkosten und den gestiegenen Energiepreisen sitzen bleiben würden – und die Gewinnmargen dementsprechend wieder zurückgehen.