Deutschland trocknet aus. Eine neue Datenanalyse zeigt, wie drastisch der Wasserverlust ist. Einen Wassermangel gibt es zwar bisher nicht, aber der Klimawandel sorgt auch in den nächsten Jahren für eine ungleiche Verteilung der Niederschläge.
Seit dem Jahr 2000 hat Deutschland so viel Wasser verloren, wie der Bodensee umfasst. Der Bodensee ist einer der drei größten Binnenseen in Europa. Das bedeutet: In den vergangenen zwanzig Jahren ist Deutschland jährlich um 2,5 Kubikkilometer ausgetrocknet.
Das zeigen Analysen vom Global Institute for Water Security, das Daten der Satellitenmission "Grace" in Zusammenarbeit mit der Nasa und dem Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ausgewertet hat. Der wissenschaftliche Leiter des Projekts ist der Hydrologe Jay Famiglietti vom Weltinstitut für Wassersicherheit. Die Ergebnisse der Datenanalyse zeigt die ARD in der aktuellen Doku "Bis zum letzten Tropfen".
Deutschland besonders stark betroffen
Die Grace-Satelliten messen die Schwerkraft der Erde. Wenn in einzelnen Regionen weniger Wasser im Boden ist, der Grundwasserspiegel also sinkt, verändert sich die Schwerkraft. Laut der Analyse des Hydrologen ist Deutschland eine der Regionen auf der Welt, die am meisten Wasser verloren hat. Das betreffe besonders stark Lüneburg, Baden-Württemberg und Bayern.
Weniger Wasser fürs Grundwasser
Wenn der Grundwasserspiegel sinkt, kann das ein Problem für unsere Trinkwasserversorgung werden. 70 Prozent des Wassers, das aus unseren Wasserhähnen fließt, kommt aus dem Grundwasser, sagt Mariele Evers, Professorin für Wasserressourcenmanagement an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Der starke Wasserverlust der vergangenen Jahre habe bisher allerdings nicht zu einem Wassermangel geführt – zumindest deutschlandweit betrachtet nicht. "Von den jährlich 188 Milliarden zur Verfügung stehenden Kubikmetern Wasser verwenden wir aktuell 20 Prozent für die Haushalte, die Industrie und Landwirtschaft", erklärt sie.
Zu dem Wasserverlust ist es zu einem gekommen, weil die Temperaturen steigen und dadurch mehr Wasser verdunstet ist. Zum anderen kommt es mehr zu Starkregen oder sogar Hochwasser, also Extremwetterereignissen, bei denen es zwar viel regnet. Allerdings schafft der Boden es kaum, die Wassermengen aufzufangen. In der Folge endet es nicht im Grundwasser, sondern fließt in die Kanalisation, in die Flüsse und ins Meer.
Wie sich der Niederschlag über das Jahr verteilt, wird auch in Zukunft ein Problem bleiben, so die Professorin für Wasserressourcenmanagement. Das bedeutet: Dürren im Sommer und mehr Hochwasser im Winter. Das zeigt auch die Datenanalyse von Hydrologe Jay Famiglietti.
"Die Problematik, die wir haben, ist, dass wir gar nicht so viel weniger Wasser oder Niederschläge haben werden in Zukunft, aber die Verteilung anders wird."
Wie wir Wasser sparen
Neben mehr Klimaschutz braucht es daher auch Maßnahmen, um Wasser einzusparen. Der Wasserverbrauch der Haushalte ist dabei schon zurückgegangen. In den 1990er-Jahren waren es laut Mariele Evers 144 Liter pro Tag, heute sind es 123 Liter täglich.
Den größten Wasserbrauch haben allerdings die konventionellen Energieversorger. Sie sind für die Hälfte des Wasserverbrauchs in Deutschland verantwortlich. Das brauchen sie zum Beispiel zum Kühlen der Kraftwerke. Die Landwirtschaft sorgt wiederum dafür, dass Nitrate und Pestizide ins Grundwasser kommen.
Die Energiewende könnte mit einem Ausbau von Solar- und Windenergie also Wasser einsparen. Mariele Evers sieht auch das Entsiegeln von Böden als eine entscheidende Maßnahme, damit die Böden wieder mehr Wasser aufnehmen können.
Das Bundesumweltministerium hat im Juni 2021 auch eine Wasserstrategie vorgestellt, die unsere Trinkwasserversorgung für die nächsten 30 Jahre sicherstellen soll. Die Maßnahmen halten Expert*innen wie Martin Krambo, der oberste Wasserwirtschaftler beim Bayerischen Umweltministerium, für zu vage.