Rhein, Mosel, Donau sind im Frühjahr 1784 meterdick zugefroren. Im Februar bricht das Wasser unter der Eisschicht gewaltsam hervor. Es verwüstet Dörfer und Landschaften. Die Ursache für die Katastrophe ist zeitlich und räumlich weit, weit entfernt.

Es muss ein ungeheurer Lärm gewesen sein, als im Februar 1784 meterdicke Eisschollen auf dem Rhein gegeneinanderprallten und über die Ufer treten. Sie zerstören zwischen Köln und Bonn alles, was in ihrem Weg steht: Häuser, Straßen, Mensch und Tier. Am Ende ist der heutige Kölner Ortsteil Mülheim – damals noch eigenständig – mehr oder weniger verschwunden. Eine derartige Zerstörung hatte es bis dahin und hat es seither nicht gegeben. Die Ursachen für diese Katastrophe liegen im Sommer 1783.

Auf Island brechen im Jahr zuvor rund 130 Vulkane gleichzeitig aus, sie spucken acht Monate Lava, Asche und giftige Gase in Atmosphäre – mit verheerenden Folgen für Westeuropa, das von einer giftigen Aerosolwolke bedeckt wird. Die Menschen leiden unter Atemwegserkrankungen, Tiere sterben und Pflanzen verdorren. Als sich die Sonne wieder blicken lässt, werden ihre wärmenden Strahlen durch die in der Stratosphäre verbliebenen Aerosole reflektiert.

Büdchen auf dem Rhein

Auf der Erde wird es kälter – um fast zwei Grad Celsius. Im Winter 1783/84 wird es in Europa ungewöhnlich kalt, die Temperaturen fallen so tief, dass sämtliche Flüsse zufrieren und weite Teile des Kontinents unter einer dicken Schneedecke liegen. In Köln ist der Rhein metertief zugefroren, sodass Buden aufgebaut werden und sich der vereiste Fluss zu einem Freizeitvergnügen entwickelt.

Dann aber wird aus dem Vergnügen eine Katastrophe, denn zwischen eisigen Frostperioden wird es tageweise sehr warm und es regnet. Das Eis taut kurzzeitig auf, Eisschollen lösen sich ab und treiben auf dem Wasser, das sich über der verbliebenen Eisdecke ausbreitet. Es gibt Eisgang und Eisbrocken treiben auf fließendem Wasser Rhein und Mosel abwärts. Dann kommt das Tauwetter mit dem beginnenden Frühling.

Eine unbekannte Zahl von Opfern

Ende Februar 1784 steigen die Temperaturen und es regnet heftig. Auf den Flüssen gerät das Wasser unter die Eisplatten und drückt sie nach oben. Regelrechte Flutwellen sprengen die Eisschollen auf und reißen sie mit. Flussabwärts wird alles zermahlen, was im Weg ist. In ganz Europa werden Flüsse zu reißenden Strömen, die scharfe Eisplatten vor sich hertreiben.

An Rhein, Mosel und Donau werden ganze Dörfer zerstört, Vorräte und Ernten zerstört. Wie viel Tausend Menschen diese Katastrophe nicht überlebte, ist nicht klar – die Eisflut von 1784 gilt als Jahrtausendhochwasser.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Manfred Spata hat sich mit dem Rheinhochwasser von 1784 beschäftigt und erläutert Ursachen und Ausmaß der Katastrophe.
  • Die Autorin Eva Wodnarz-Eichner ist Kennerin des Rheins und der Sagen, die über ihn verfasst worden sind.
  • Die Journalistin Elke Heidenreich hat den Rhein von der Quelle bis zur Mündung bereist und schildert ihre Eindrücke über das Leben am Rhein.
  • Der Experte für die Bekämpfung von Hochwasser Ulrich Cimolino erläutert moderne Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt ähnliche Hochwasserkatastrophen in der Geschichte Europas.
  • Deutschlandfunk Nova-Reporterin Wiebke Lehnhoff beschreit das Jahrtausendhochwasser von Köln im Februar 1784.
Shownotes
Jahrtausendhochwasser 1784
Als der Rhein über die Ufer stürzte
vom 16. Februar 2024
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte
  • Manfred Spata erläutert Ursachen und Ausmaß des Rheinhochwassers von 1784
  • Eva Wodarz-Eichner ist Kennerin des Rheins und der Sagen, die über ihn verfasst worden sind
  • Elke Heidenreich hat den Rhein von der Quelle bis zur Mündung bereist und schildert ihre Eindrücke vom Leben am Rhein
  • Ulrich Cimolino erläutert moderne Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser