Jeff Bezos wird bewundert für seinen Geschäftserfolg und gehasst für seine Rücksichtslosigkeit. Jetzt übergibt er ein sehr erfolgreiches Unternehmen - für das die Zeiten härter werden.
Der Amazon-Gründer Jeff Bezos gibt heute, am 5. Juli, sein Amt als Unternehmenschef ab - auf den Tag 27 Jahre nach der Gründung im Jahr 1994. Er hinterlässt ein weltweit agierendes Unternehmen mit über einer Millionen Mitarbeitenden in Voll- und Teilzeit in mehreren Wirtschaftszweigen.
Bezos sagt, Amazon sei so innovativ wie nie zuvor. "Das ist sicher Eigenmarketing, aber das spiegelt auch die Sicht von Beobachtern wider", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll. Auch die Börse bewertet das Unternehmen aktuell so gut wie nie zuvor.
"Bezos wird ein Auge auf den Nachfolger haben."
Wenn Jeff Bezos mit seinem Raumfahrtunternehmen Blue Origin demnächst ins All fliegt, geschieht das auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Je nach Wert der Aktien gilt Bezos als reichster Mensch der Welt.
Im Jahr 2012 zeichnete ihn das Wirtschaftsmagazin "Fortune" als Geschäftsmann des Jahres aus.
Chef ohne Moral
So erfolgreich Jeff Bezos war und ist: Er wird viel kritisiert, etwa für umstrittene Geschäftspraktiken und fragwürdige Arbeitsbedingungen.
Gewerkschaften und Teile der Belegschaft werfen dem Unternehmen mangelnden Gesundheitsschutz, hohe Arbeitsbelastung und schlechte Bezahlung vor.
Fast 150.000 Personen haben in diesen Tagen eine Online-Petition unterschrieben, der zufolge Bezos nicht aus dem Weltraum auf die Erde zurückkehren soll. Die ist nicht wörtlich zu nehmen, sondern ein Zeichen als Kritik an Bezos zu verstehen.
Im Mai 2014 wurde Bezos beim Weltkongress des Internationalen Gewerkschaftsbundes zum "Schlechtesten Chef der Welt" gewählt.
Nachfolger: Enger Vertrauter von Bezos
Nachfolger von Jeff Bezos wird Andy Jassy. Er ist seit 1997 bei Amazon, gilt als enger Vertrauter von Bezos und war sein Stellvertreter. Jassy hat bisher die Sparte Amazon Web Services geleitet, also das Cloud-Geschäft.
"Bezos wird wohl weiter ein Auge auf ihn haben", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll. Denn er wird Mitglied des Verwaltungsrates und kann bei großen Weichenstellungen mitentscheiden.
"Die politische Wetterlage für Amazon hat sich gedreht."
Dass wichtige Entscheidungen anstehen, gilt als wahrscheinlich, denn die Bedingungen werden für Amazon eher ungünstiger. Andreas Noll sagt, Amazon könne in den kommenden Jahren nicht mehr so ungestört Geschäfte machen wie bisher, denn "die politische Wetterlage hat sich gedreht".
Sowohl in Europa als auch in den USA empfinden viele Politiker die Macht der IT-Giganten, eben auch Amazon, als zu groß. Dem US-Kongress liegen Gesetzesentwürfe vor, die Amazon empfindlich treffen könnten, zum Beispiel das Verbot eines Marktplatzes für Drittanbieter.
Gerade erst wurde Lina Khan, eine der profiliertesten Kritikerinnen von Amazon, an die Spitze der US-Kartellbehörde berufen. Khan hatte die Geschäftspraktiken des Unternehmens schon mal als illegal bezeichnet.