In Europa sind inzwischen mehr als ein Viertel der Meeresgewässer als Meeresschutzgebiet eingestuft. Doch hier wird oft mehr gefischt als in den nicht geschützten Gebieten.

Aber wie eine deutsch-kanadische Studie im Fachjournal Science zeigt, ist es oft ganz anders – denn in fast zwei Dritteln der untersuchten europäischen Meeresschutzgebiete gibt es kein Fischerei-Verbot. In den meisten Schutzgebieten wird sogar intensiver gefischt als außerhalb der Schutzgebiete. Das hat unter anderem Folgen für seltene Hai- und Rochenarten.

Die Studie hat die Situation im nordwestlichen Europa untersucht, das heißt also in der Nordsee und dem Atlantik. Hierzu zählt das Meer vor Portugal, Frankreich, Großbritannien, Niederlanden, Deutschland und Dänemark.

"Generell ist diese Region ein Hotspot für Fischerei. Dort gibt es mehr als 700 Meeresschutzgebiete, aber in den meisten wird sehr intensiv gefischt und auch mit Methoden, die umwelttechnisch umstritten sind."
Ann-Kathrin Horn, Deutschlandfunk Nova Nachrichtenredaktion

Das Forscherteam hat für seine Studie Atlantik- und Nordsee-Küstengewässer untersucht: Meistens gibt es dort Schleppnetzfischerei. Die wird von Naturschützern besonders kritisiert, weil in den Netzen auch viele andere Tiere hängen bleiben – vor allem wenn die Schleppnetze über den Meeresboden gezogen werden. Auch das Forscherteam fordert, dass es in Meeresschutzgebieten keine Grundschleppnetzfischerei geben dürfe. 

In Schutzgebieten wurde 2017 bis zu 40 Prozent mehr gefischt als in Nicht-Schutzgebieten

Schleppnetzfischerei gibt es in fast 60 Prozent der europäischen Meeresschutzgebiete, sagen die Forscher der Studie. Und sie ist dort sogar intensiver als in Gebieten, die nicht geschützt sind. In Schutzgebieten wurde 2017 knapp 40 Prozent mehr gefischt als in nicht geschützten Gebieten.

"Meeresschutzgebiet heißt im Grunde nur, dass dort die Biodiversität geschützt werden soll, also Pflanzen und Tiere. Aber wie das dann genau gemacht wird, da gibt es sehr große Unterschiede."
Ann-Kathrin Horn, Deutschlandfunk Nova Nachrichtenredaktion

Die Forscher sagen, dass die Regeln für Meeresschutzgebiete viel klarer sein müssen – dass das Wort Schutz auch wirklich überall Schutz bedeuten solle. Die EU hat eigentlich einen Plan, wie das alles einheitlicher und effektiver werden soll. Aber dieser Plan läuft sehr schleppend an, weil jedes Land das einzeln umsetzt – Deutschland hinkt beispielsweise ziemlich hinterher.

Alle müssen sich abstimmen und das dauert

Eine klare Einigung dauert lange, weil sich alle Länder abstimmen müssen. Schwierig ist dabei zum Beispiel, dass Fische und auch Fischerboote sich nicht an Grenzen halten. Da bringt es nichts, wenn eine Fischart in einem Bereich stark geschützt wird und ein paar hundert Meter weiter darf sie gefangen werden. Außerdem ist die Fischerei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Europa. Fischereiverbote könnten dadurch Einfluss auf die Wirtschaft der betroffenen Länder haben – diese müssen also schauen, was wichtiger ist: Wirtschaft oder Umwelt.

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vom 21. Dezember 2018