Nach einer kräftezehrenden Saison im Jahr 2019 ist sein Traum wahr geworden: Zum ersten Mal kann Jan Hojer in diesem Jahr bei den Olympischen Sommerspielen teilnehmen, weil Klettern – offiziell Olympic Combined genannt – zur olympischen Disziplin ernannt wurde und er sich qualifizieren konnte.
Jan Hojer ist 27 Jahre alt und hat viele Titel, die fürs Klettern verliehen werden, schon errungen: Bereits 2008 wurde er Deutscher Meister im Schwierigkeitsklettern. 2014 Gesamtweltcupsieger im Bouldern. Und 2015 gewann er die Europameisterschaft im Bouldern. Ende November 2019 qualifizierte er sich dann für die Olympischen Sommerspiele 2020. Nach einer langen Trainingssaison, die bereits im April angefangen hatte, brauchte er dann erst man eine kurze Pause. Inzwischen hat er wieder mit dem Wintertraining angefangen. Pro Tag absolviert Jan bis zu zehn Klettereinheiten, die insgesamt zwei bis drei Stunden dauern.
"Das olympische Format, das jetzt aus drei Disziplinen besteht, hat dafür gesorgt, dass sich der Trainingsumfang dann doch deutlich erhöht hat über die letzten Jahre."
Bouldern ist Jan Hojers Lieblingsdisziplin. Mit Bouldern ist das Klettern ohne Gurt und Kletterseil an Felsblöcken und -wänden sowie künstlichen Kletterwänden gemeint. Die Kletterer befinden sich in einer Höhe, aus der sie jederzeit abspringen könnten, ohne dass sie sich verletzen würden. Die Wände sind viereinhalb Meter hoch und auf dem Boden befindet sich eine Weichbodenmatte, auf der die Kletterer sicher landen können.
Bei den Olympischen Sommerspielen 2020 wird allerdings nicht nur Bouldern gefordert, sondern eine Kombination aus mehreren Kletterarten, die sich Olympic Combined nennt.
Olympic Combined – Speed-Klettern, Bouldern und Lead-Klettern
Lead-Klettern oder Schwierigkeitsklettern ist eine der drei Disziplinen, erklärt Jan, die die Wettkampfkletterer bei Meisterschaften bewältigen müssen. Die Wände sind dabei meistens zwischen 14 bis 16 Meter hoch. Der Kletterer ist durch ein Seil gesichert, das er von unten mitbringt und in Zwischensicherungen einhängt. In dieser Disziplin geht es darum, in einer sehr schwierigen Route so weit wie möglich nach oben zu kommen.
Speed-Klettern – ungewohnt für Boulderer und Lead-Kletterer
Bei dieser Disziplin klettern die Wettkämpfer an einer leicht überhängenden Wand hoch. Die Herausforderung: mit den gleichen Griffen, die sich in jedem Durchgang an derselben Stelle befinden, so schnell wie möglich nach oben zu kommen. Im Training wird immer wieder dieselbe Route geübt, um immer neue Rekorde aufzustellen und möglichst schnell zu werden, um die Gegner zu überrunden.
"Eine Disziplin zu gewinnen, ist sehr, sehr wertvoll. Was dazu führt, dass bei Olympia sowohl Spezialisten der einzelnen Disziplin vertreten sein werden als auch echte Kombinierer, die in allen Disziplinen auf einem recht hohen Niveau sind."
Kritiker befürchten eine Kommerzialisierung des Klettersports, weil er olympisch geworden ist. Dass sich mehr Leute für den Klettersport interessieren und der Sport inzwischen kommerzieller geworden ist, sei allerdings ein Prozess, der schon vor längerer Zeit begonnen hat, sagt Jan Hojer. Die Profisportler profitierten davon, dass es inzwischen deutlich mehr Kletterhallen gibt als noch vor einigen Jahren, sagt der Sportkletterer. Und weil das Interesse am Klettersport gestiegen sei, hätten die Kletterer eine breitere Plattform, auf der sie sich bewegen, sagt Jan Hojer.
Jan Hojer: Olympische Sportarten anfällig für Doping-Gefahr
Jan Hojer sagt, er könne nicht einschätzen wie groß die Gefahr des Betrugs durch Doping beim Klettern sei. Die Erfahrung habe allerdings gezeigt, dass olympische Sportarten anfällig dafür seien.
Je mehr Geld mit einer Sportart verdient werden kann, desto größer sei die Gefahr, dass Athleten mit illegalen Mitteln kämpfen, glaubt Jan Hojer. Dabei vergleicht er das Speed-Klettern vom sportlichen Anspruch her mit dem 100-Meter-Lauf, der regelmäßig von Dopingskandalen erschüttert wird. Der Profikletterer befürchtet daher, dass langfristig ähnliche Probleme mit Doping beim Klettern auftreten könnten.
"Beim Thema Doping muss man natürlich sagen, dass die Vergangenheit gezeigt hat, dass olympische Sportarten sehr, sehr anfällig dafür sind. Ich weiß nicht, inwiefern das jetzt für junge Sportarten der Fall ist."