Die Sommer werden heißer und trockener, die Wälder leiden darunter. Deshalb sollen Bäume gepflanzt werden, die den Klimastress besser aushalten. Doch der Waldumbau bedroht unsere Insektenvielfalt, zeigt eine Untersuchung. Wie wenig Insekten nicht einheimische Bäume schmecken, überraschte die Forschenden.

Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht: Ein bekanntes Sprichwort, das nahelegt, dass Menschen angeblich mit für sie unbekannten Nahrungsmitteln wie Avocados oder Chia-Samen nicht so viel anfangen können. Der Spruch lässt sich aber auch abwandeln: Was die Larve nicht kennt, frisst sie nicht. Denn viele Insekten mögen nur einheimische Bäume.

Doch die haben ein Problem: Die Wälder in Deutschland haben Klimastress. Mit den heißeren und trockeneren Sommern kommen viele Bäume nicht gut klar. Die Lösung: Waldumbau. Das heißt, es werden vermehrt nicht einheimische Arten gepflanzt, die unter einem veränderten Klima nicht leiden.

"Weiden, Eichen und Birken sind ziemliche Knaller für die Insekten."
Sebastian Schuch, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Ein Wissenschaftsteam von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung hat untersucht, welche Insekten es vor allem treffen würde. Schmetterlingslarven, nennt der Biologe Sebastian Schuch, der an der Studie beteiligt war, als Beispiel. "Die sind sehr stark an die Nahrungspflanzen gebunden, die sind sehr wählerisch", erklärt er.

Für die Studie hat das Team 8.000 pflanzenfressende Insekten untersucht. Denn die seien für das Ökosystem sehr wichtig, da sie wiederum als Nahrung für räuberische Arten dienen, erläutert Sebastian Schuch. Außerdem könne man besonders gut nachvollziehen, was diese Insekten fressen.

Wie sehr die Insekten von den heimischen Bäumen abhängig sind, habe das Forschungsteam selbst überrascht, erzählt der Biologe. "Man wusste vorher schon, dass zum Beispiel Weiden, Eichen und Birken ziemliche Knaller sind für die Insekten." Gehölze aus Nordamerika oder Asien seien zuvor weniger untersucht worden. Bei diesen Bäumen gebe es kaum Nahrungspflanzenbindungen. "Das heißt, die Tiere legen da einfach nicht so gerne ihre Eier ab."

Idee: Auf genetische Variabilität setzen

Viele Tierarten reagieren auf ein verändertes Nahrungsangebot. Auch Insekten tun das, sagt Sebastian Schuch. "Es gibt allerdings auch viele spezialisierte Arten, die sind eben so eingenischt, dass es denen sehr schwerfällt. Die finden dann im Zweifel tatsächlich keine Nahrung mehr."

So habe man herausgefunden, dass Schmetterlinge, die einheimische Eichen mögen, die nordamerikanische Roteiche eher ablehnen. Grundsätzlich sei es für hoch spezialisierte Insektenarten schwieriger, sich an veränderte Bedingungen anzupassen.

Der Vorschlag der Forschenden: Statt nur nicht heimische Bäume zu pflanzen, sollte man auf die genetische Variabilität innerhalb einer Art setzen. "Das heißt, man schaut, ob von einheimischen Arten Individuen existieren, die besonders trockenstressresistent sind." Wenn man viele Samen sät, seien wahrscheinlich auch Individuen dabei, die mit den zukünftigen Bedingungen besser umgehen können.

Shownotes
Klimawandel
Vielen Insekten schmecken neue Bäume nicht
vom 15. April 2024
Moderation: 
Tina Howard
Gesprächspartner: 
Sebastian Schuch, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung