Mithören, was in einem Raum gesagt wird, indem das Flackern der LED-Lampe analysiert wird: Forschenden ist das jetzt gelungen - sie haben damit quasi eine Spionagetechnik entwickelt.

Es gibt viele Methoden, um die Gespräche anderer Menschen zu belauschen – auch wenn die Unterhaltung weiter weg stattfindet. Es gibt Richtmikrofone, kleine Wanzen, also winzige Abhörgeräte, die sich gut in Wohnungen verstecken lassen. Auch unsere Smartphones sind mit Mikrofonen ausgestattet, die vor Missbrauch nicht vollumfänglich sicher sind.

Indirektes Abhören durch Spähen

Ein israelisches Team aus Forschenden von der Ben-Gurion-Universität und dem Weizmann-Institut für Wissenschaften hat eine neue Methode entwickelt und getestet, mit der man Gespräche belauschen kann, ohne das Mikrofone benötigt werden.

"Schallwellen versetzen auch das Glas von einer Glühbirne in Schwingung – und das hat laut den Wissenschaftler auch Einfluss auf das Leuchten."
Sophie Stigler, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Für ihr Experiment haben die Forschenden einen Raum gesucht, den sie abhören wollten. Eine wichtige Voraussetzung dafür: Dort musste eine LED-Glühbirne vorhanden sein, die die Wissenschaftler auch von außerhalb des Gebäudes sehen konnten.

Der Versuchsaufbau

Das ausgewählte Zimmer befand sich im vierten Stock eines Gebäudes. Auf einer Brücke, die sich circa 25 Meter Luftlinie von diesem Raum entfernt befand, postierte sich einer der Forschenden sozusagen als Späher. Er war mit einem Teleskop und einem elektro-optischen Sensor ausgestattet, den man für ein paar hundert Euro kaufen kann.

"Man kann zum Beispiel schon mit Lasern Fenster von außen bestrahlen und damit Töne von innen abhören."
Sophie Stigler, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Durch Gespräche und Geräusche, beispielsweise Musik, entstehen Schallwellen, die auch das Glas einer LED-Birne zum Schwingen bringen können. Laut den Wissenschaftlern, die diesen Versuch durchgeführt haben, beeinflussen die minimalen Vibrationen, die durch die Schallwellen ausgelöst werden, auch das Leuchten der LED-Lampen. Je nach Frequenz und Dauer eines Tons verändert sich das Licht der Glühbirne auf unterschiedliche Weise.

Dumpfer Sound, aber Original ist wiedererkennbar

Mithilfe des elektro-optischen Sensors konnte das Forscherteam somit das unterschiedliche Flackern der Birne in Töne umwandeln. Die Methode bezeichnen die Wissenschaftler als Lamphone, und auf ihrer Website haben sie ein paar Hörbeispiele bereitgestellt, zum Beispiel den Song "Clocks" von Coldplay, "Let it be" von den Beatles und einen Ausschnitt aus einer Rede des US-Präsidenten Donald Trump.

Zwar klingt der reproduzierte Sound sehr viel dumpfer als das Original, allerdings sind Rhythmus, Melodieführung und selbst Worte zu hören und auch zu verstehen. Ein kleines Manko: Die Rede von Trump musste sehr laut abgespielt werden, damit das Flackern so deutlich wurde, dass es umgerechnet werden konnte.

Prüfung durch andere Wissenschaftler steht aus

Die Forschenden sagen, dass Apps, die zur Musik-Erkennung dienen, die Lieder auch in der reproduzierten "Glühbirnen-Version" wiedererkannt haben sollen.

Die Ergebnisse hat das israelische Forschungsteam bisher nur auf der eigenen Website veröffentlicht. Im August 2020 wollen sie die Resultate auf einer Konferenz für Informationssicherheit vorstellen.

Ein Computerwissenschaftler der Stanford University, der nicht beteiligt am Experiment war, hat sich zu diesem Experiment geäußert. Dem Magazin Wired hat er gesagt, dass diese Methode, die er für spannend hält, noch verbessert werden könnte.

Schallvibrationen von Chipstüten und Topfpflanzen aufzeichnen

Schon vor einigen Jahren gab es bereits ein ähnliches Experiment am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA. Damals wurden die Schallvibrationen von einer Chipstüte und einer Topfpflanze, die in einem Raum standen, aufgenommen. Die aufgenommen Töne konnten allerdings nicht in Echtzeit analysiert werden, wie es jetzt in Israel der Fall war.

Shownotes
Lichtflackern in Töne umwandeln
Abhören mithilfe einer Glühbirne
vom 16. Juni 2020