Eine österreichische Familie nimmt ein geflüchtetes Kind mit in den Toskanaurlaub. Es passiert ein schrecklicher Unfall – denn alle sind vor allem mit sich selbst beschäftigt.

Barfuß verlässt Aayana ihr Zimmer. Sie trägt den rotgestreifen Bikini, den ihr die freundliche Mutter von Sophie Luise geschenkt hat. Seltsam fühlt es sich an, mit so wenig Stoff auf der Haut das Haus zu verlassen. Doch sie will ihre Angst überwinden, ihre Angst vor dem Wasser – schwimmen kann sie nicht.

Ein tragischer Unfall im Swimmingpool

Was folgt, ist ein tragischer Unfall: Das vierzehn Jahre altes Mädchen ertrinkt während des Toskanaurlaubs im Swimming Pool. Gelandet ist das aus Ost-Afrika nach Österreich geflüchtete Mädchen dort, weil ihre Klassenkameradin Sophie Luise sie gerne mitnehmen wollte. Alle Hebel haben Sophie Luise und ihre Mutter in Bewegung gesetzt, um die Familie von Aayana zu überzeugen, die Tochter mit in den Urlaub fahren zu lassen.

"Wer war Aayana? Aber diese Frage stellt erstmal niemand. In der Presse geht es nur um die anderen, um die zwei österreischischen Familien, die Aayana in die Toskana mitgenommen haben."
Lydia Herms, Deutschlandfunk-Nova-Rezensentin

Aayana war eins von vier Geschwistern. Und sie war eins von nur zwei von ihnen, die die Flucht aus Somalia nach Österreich überlebten. Ihre älteste Schwester wurde brutal ermordet. Ihre zweitälteste Schwester fiel von einem Fischerboot ins Mittelmeer und verschwand. Nur ihr großer Bruder Abdi und ihre Eltern wurden schließlich gerettet und zuerst nach Italien und dann nach Österreich gebracht, wo sie Asyl bekamen und seit mehr als zwei Jahren leben.

Die stille Klassenkameradin

Aayana versteht nur Bruchteile des Unterrichts, deshalb kann sie nicht viel sagen. Doch Sophie Luise findet das muslimische Mädchen mit dem Schleier interessant. Sie will mit ihr befreundet sein – und Aayana bewundert sie ebenfalls. Sophie Luise überredet ihre Eltern Aayana in den Urlaub mitzunehmen und verspricht Aayana, ihr Schwimmen beizubringen.

Die Eltern erlaubten es, mit Skepsis, auch weil sie rein gar nichts über Aayana wussten. Dabei hätten sie durchaus mehr wissen können. Es hätte sie einfach nur interessieren müssen.

Das Buch:

"Die spürst du nicht" von Daniel Glattauer, Verlag: Zsolnay (bei Hanser), 304 S., gebundene Ausgabe (Hardcover): 25 €, E-Book: 18,99 €; ET: 20.03.2023.

Hinweis: In diesem Buch wird Rassismus thematisiert und diskriminierende Sprache zitiert. Hier findet ihr Hilfsangebote, falls ihr Hilfe benötigt.

Shownotes
Das perfekte Buch für den Moment...
…wenn dir zu viel über Geflüchtete geredet wird – anstatt mit ihnen
vom 17. Juni 2023
Autorin: 
Lydia Herms, Deutschlandfunk-Nova-Rezensentin