Eigentlich gilt es als Problem von älteren Menschen: mehrmals nachts auf Toilette müssen. Doch auch immer mehr junge Leute sind betroffen. Schuld daran könnte unser Lebensstil sein – und Streamingportale.

Nykturie. Schon mal gehört? Das ist der medizinische Fachbegriff für nächtlichen Harndrang. Davon wird gesprochen, wenn der Schlaf mindestens zweimal in der Nacht vom Harndrang unterbrochen wird.

Laut einer aktuellen Studie der chinesischen Universität Wenzhhou ist – unabhängig vom Alter – jede dritte Person davon betroffen. Die chinesischen Forschenden haben Gesundheitsdaten von mehr als 13.000 Menschen ab 20 Jahren ausgewertet, die unter Nykturie leiden.

Junge Frauen etwas häufiger betroffen

Viele Schlafunterbrechungen schaden der Gesundheit: Nachts mehrmals auf Toilette zu müssen, macht am nächsten Tag müde, senkt den Blutzuckerspiegel, ist schlecht fürs Denken, Konzentrieren und Erinnern.

Speziell zu jüngeren Betroffenen gibt es eine Übersichtsstudie von Forschenden aus den Niederlanden und den USA. Dabei kam heraus: "Unter den 20- bis 40-Jährigen muss ungefähr jede fünfte Person mindestens zwei Mal nachts aufs Klo. Junge Frauen sind den Daten nach etwas öfter betroffen als junge Männer", berichtet Kathrin Sielker aus den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten.

Bingewatching und nächtlicher Harndrang

Doch woran liegt das? Die chinesische Studie stellt einen Zusammenhang mit Bingewatching her. "Es waren diejenigen um ein Vielfaches mehr betroffen, die mindestens fünf Stunden täglich vorm Bildschirm saßen und Filme oder Serien geschaut haben", erklärt Kathrin Sielker. Diejenigen, die nicht gebingt haben und weniger als eine Stunde vorm Fernseher saßen, hatten ein viel geringeres Risiko für nächtlichen Harndrang.

Wie Fernsehen und Harndrang genau zusammenhängen, wurde in der Studie allerdings nicht weiter untersucht.

"Der Körper braucht vor allem morgens Flüssigkeit."
Kathrin Sielker, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten

In einem Artikel des Guardian bestätigt ein britischer Allgemeinarzt diesen Trend aus seiner persönlichen Erfahrung: Ihm zufolge sei Bingewatching nur eine Dimension unseres veränderten Lebensstils. Auch veränderte Trinkgewohnheiten gehörten dazu. Und so dehne sich das Problem, nachts auf Toilette zu müssen, auch auf jüngere Menschen aus.

Während ältere Personen oft nächtlichen Harndrang haben, weil sie schwächere Beckenbodenmuskeln haben, sei das dem Arzt zufolge bei jüngeren anders. "Sie neigen dazu, tagsüber oft zu vielbeschäftigt zu sein und zu wenig zu trinken. Dabei braucht der Körper vor allem morgens Flüssigkeit", erläutert Kathrin Sielker aus den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten.

Abends zu viel getrunken, morgens zu wenig

Stattdessen trinken die Jüngeren tendenziell abends immer mehr, wenn sie eher Muße haben, auf ihren Körper zu hören. Ihren Durst löschen sie dann zum Beispiel beim Bingewatching – mit der Folge, nachts auf Toilette zu müssen.

Aber auch noch weitere Faktoren fördern Nykturie: Rauchen, zu viel Alkohol, zu wenig Bewegung und Übergewicht zum Beispiel. "Eine Forscherin aus Paris hat herausgefunden, dass vor allem viel Sitzen und viel Bildschirmzeit zu einem skurrilen Phänomen führen können", berichtet Kathrin Sielker. Und zwar, dass der Körper, wenn wir tagsüber aufs Klo gehen, normale Mengen Urin ausscheidet, nachts aber ungewöhnlich große Mengen.

Wenn das der Fall ist, könnten auch andere Krankheiten dahinterstecken, etwa Bluthochdruck, Diabetes oder Nierenschwäche. Solche Symptome sollte eine Ärztin oder ein Arzt abklären.

Tipps gegen nächtlichen Harndrang

Um nachts nicht so oft raus zu müssen, könnt ihr etwas tun:

  • Mehr am Morgen trinken
  • Drei Stunden vorm Schlafengehen nur maximal 330 Milliliter trinken
  • Nach dem Sport die ausgeschwitzte Flüssigkeit sofort ausgleichen

Falls ihr nachts trotzdem aufs Klo müsst, solltet ihr versuchen, danach so schnell wie möglich wieder einzuschlafen. Auch dafür gibt es drei Tipps:

  • Nicht eben noch mal schnell aufs Handy gucken – denn das baut unsere Schlafhormone ab
  • Möglichst wenig oder gar kein Licht anmachen
  • Kissen und Decke auf die kalte Seite drehen oder weglassen – denn mit kühlerer Temperatur können wir besser einschlafen
Shownotes
Medizin
Warum junge Menschen immer öfter nachts aufs Klo müssen
vom 12. März 2024
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Kathrin Sielker, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten