Menschen aus afrikanischen Ländern, die in Deutschland arbeiten wollen, sollen eine Kaution zahlen und dafür eine befristete Aufenthaltserlaubnis bekommen. Diese Idee hat der Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Migration und Integration (SVR) in seinem Jahresgutachten vorgestellt. Wir haben nachgefragt, wie das ablaufen soll.
Anstatt hohe Summen an Schlepper zu zahlen, sollten Migranten gegen Hinterlegung von Geld regulär nach Europa einreisen dürfen. Das schlägt der Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Migration und Integration (SVR) in seinem aktuellen Jahresgutachten vor (hier geht's zum Download). Die Zielstaaten könnten die Zuwanderung mit diesem Modell besser steuern, so das Argument. Aber nicht nur die Zielstaaten, sondern quasi alle Beteiligten würden davon profitieren, sagt die SVR-Vorsitzende Petra Bendel.
"Der Grundgedanke dieser Idee besteht darin, neue reguläre Wege der Migration zu öffnen, von denen alle profitieren: die Herkunftsstaaten, die Migrantinnen und Migranten selbst und auch die Aufnahmeländer."
Der SVR möchte ein Pilotprojekt initiieren: Arbeitnehmer – auch ohne formale Qualifikation – sollen ein temporäres Arbeitsvisum in Deutschland bekommen und kontrolliert einreisen können.
Befristete Arbeitsvisa gegen Kaution
Als Einreisevoraussetzung soll eine finanzielle Sicherheitsleistung erhoben werden. Nach Ablauf des Visums kehren die Migranten dann in ihre Heimatländer zurück, so der Plan – und zwar "mit neuen Ersparnissen, neuen Kenntnissen und neuen Kontakten", so Petra Bendel. Wenn die Zugezogenen fristgerecht ausreisen, werde die Kaution wieder zurückerstattet. Das Problem: Sehr viele Menschen, die aus ihrem Heimatland emigrieren, haben nur sehr wenig oder gar kein Geld.
Deutsche Unternehmen könnten Kaution zahlen
Der SVR schlägt vor, dass Unternehmen die Kaution übernehmen könnten. Der Vorschlag sei nicht ganz neu, so Petra Bendel. Arbeitgeberverbände forderten ein solches Modell schon länger. Von der Einreise der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden sie ja auch profitieren.
Laut SVR sei es beispielsweise möglich, in den Herkunftsländern für ein solches Modell zu werben. Darüber hinaus empfiehlt der Sachverständigenrat auch Ausbildungspartnerschaften:
"Man könnte unser duales Ausbildungsmodell in afrikanische Staaten exportieren und umgekehrt Ausbildungswillige nach Deutschland und Europa holen."
Das Modell der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter gab es in Deutschland schon einmal. Viele der seit den 50er-Jahren eingereisten Menschen wurden hier heimisch.
"Zirkulärer Prozess von Migration"
Durch die Kaution sei für die Wiederausreise gesorgt. Das Gastarbeiter-Modell soll so also nicht wiederholt werden, sagt Petra Bendel. Außerdem müsse es ja keine einmalige Einreise sein: Nach "einer gewissen Karenzzeit" könnten Migrantinnen und Migranten durchaus mehrfach nach Deutschland kommen, so die SVR-Vorsitzende. Ein "zirkulärer Prozess von Migration" solle angeregt werden.
Der Vorschlag der Migration gegen Kaution richte sich nicht an hochqualifizierte Personen, sondern eher an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht entsprechen, so Petra Bendel. Deren Herkunftsländer würden von im Ausland arbeitenden Staatsangehörigen profitieren – und zwar durch die Rücküberweisungen, die in vielen afrikanischen Ländern einen erheblichen Teil des Bruttoinlandsprodukt ausmachten. Dieses Geld könne dann in Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur investiert werden. Indirekt werde so also auch die Entwicklung der Herkunftsländer gefördert.
Dass afrikanischen Staaten durch das vorgeschlagene Modell Arbeitskräfte weggenommen werden, sieht Petra Bendel nicht: Durch das demografische Wachstum stehe den meisten afrikanischen Staaten eine hohe Jugendarbeitslosigkeit bevor, die die afrikanischen Märkte allein gar nicht auffangen könnten, argumentiert sie.