In Magdeburg beginnt die internationale Tagung "Respekt und Anerkennung" zur Entwicklungszusammenarbeit von Mosambik und Deutschland. Anlass ist der 40. Jahrestag des Abkommmens der Volksrepublik Mosambik mit der damaligen DDR. Bis heute warten ehemalige Arbeiter auf große Teile ihres versprochenen Lohns.
Die sogenannten Madgermanes ("Die verrückten Deutschen"), denen sich die Tagung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland widmet, sind ehemalige Gastarbeiter der DDR. Seit mehr als 25 Jahren ziehen sie jeden Mittwochvormittag durch die Straßen der mosambikanischen Hauptstadt Maputo, um für ihre Rentenansprüche zu demonstrieren.
Graphic Novel "Madgermanes"
Die Comic Zeichnerin Birgit Weihe hat die Geschichte der Madgermanes in einer gleichnamigen Graphic Novel erzählt. 2016 bekam sie dafür beim Internationalen Comic-Salon Erlangen den Max-und-Moritz-Preis, die wichtigste Ehrung für graphische Literatur im deutschsprachigen Raum.
In der Graphic Novel erzählt sie die Geschichten von drei fiktiven Mosambikanern, die in der DDR gearbeitet haben. Für das Buch hat sie 10 bis 15 ausführliche Interviews mit Madgermanes geführt. Die Charaktere sind also keineswegs frei erfunden.
"Alles, was in die fiktiven Figuren eingeflossen ist, ist passiert."
Nach der Unabhängigkeit 1975 hatte die Volksrepublik Mosambik enge Beziehungen zur DDR. Und so zog es zehntausende Mosambikaner in die DDR, um dort zu arbeiten. Die Arbeiter seien mit dem Versprechen, dass sie in der DDR etwas lernen und gutes Geld verdienen können, geködert worden, so Weyhe. 1979 unterzeichnete die DDR ein bilaterales Abkommen zum Einsatz von Arbeitskräften mit der Volksrepublik Mosambik (1975-1990). Insgesamt 22.400 Mosambikaner sollten die schwächelnde DDR-Wirtschaft damals unterstützen. Sie bekamen vor allem anstrengende Jobs in der Schwerindustrie, im Maschinenbau oder in Fleischereien.
60 Prozent des Lohns waren futsch
Das Konstrukt, das sich beide Staaten ausgedacht haben, war sehr kompliziert, sagt Weyhe. Die DDR wollte die Arbeiter nicht zu lange behalten – und Mosambik wollte die ausgebildeten Arbeiterinnen und Arbeiter zurückhaben, um den Sozialismus zu Hause mit aufzubauen.
Also entwickelten Staatsoberhäupter folgenden Deal: 40 Prozent des Lohns gab es sofort, also noch in der DDR. 60 Prozent (anfangs waren es 25 Prozent) jedes Lohns, der über 350 Mark lag, sollte aber zunächst der mosambikanische Staat zur Schuldentilgung bekommen. Später, nach ihrer Rückkehr, sollte den Arbeitern dieser Rest dann ausgezahlt werden.
"Das war so bisschen die Karotte: Ihr bekommt nur ein bisschen Geld – und dann kommt ihr nach Hause und bekommt alles."
Diese Rückzahlungen haben aber bis heute nicht stattgefunden. Hinter dem Rücken der Arbeiter gab es nämlich Verträge der beiden Staaten, mit denen Mosambik Devisenschulden bei der DDR abzahlen sollte, erklärt Birgit Weyhe. Das den Arbeitern zustehende Geld wurde demnach von der DDR nie nach Mosambik transferiert.
BRD ist die Rechtsnachfolgerin der DDR
Die BRD ist Rechtsnachfolgerin der DDR. Sind die Zahlungsforderungen verjährte Altlasten oder ist die Bundesrepublik noch heute dafür verantwortlich? Juristisch könne man die Bundesrepublik nicht zur Verantwortung ziehen - moralisch jedoch durchaus, findet Weyhe.
"Rein juristisch ist die BRD wohl nicht zu belangen, moralisch aber schon, finde ich."
Tatsächlich sei Geld von der BRD nach Mosambik geflossen – als "Rückkehr und Starthilfe", so Weyhe. Auch dieses Geld sei aber an den Staat gezahlt worden und bei vielen Betroffenen nie angekommen.
Kurz vor dem Mauerfall 1989 arbeiteten noch etwa 15.000 Mosambikaner in der DDR. Nach der deutschen Wiedervereinigung erhielten etwa 2000 von ihnen ein Bleiberecht. Mosambik ist bis heute eines der ärmsten Länder der Welt.
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