Franck Ribéry, das vergoldete Steak und die anschließende Pöbelei gegen seine Kritiker - der französische Nationalspieler sorgte für viel Aufregung. In den USA wäre das alles womöglich kein so großes Thema, doch die Kultur in Deutschland ist eine andere.
Mit seinem Social-Media-Post von einem vergoldeten Steak hat Frank Ribéry am Wochenende für viel Wirbel gesorgt. Nicht nur, dass ihm die vielen Kritiker zum Beispiel vorwarfen, Geld für ein Steak zu verschwenden, mit dem sich andere Menschen hundert Essen oder mehr hätten kaufen können.
Ribéry feuerte als Gegenreaktion eine Hass-Tirade in Richtung seiner Kritiker, die ein Gangsterrapper kaum besser hätte schreiben können.
Was die Menschen an der Kausa Blattgold zum einen störe, ist, dass Franck Ribéry mit den Erwartungen breche, die wir an einem Aufsteiger wie ihn haben, sagt der Soziologe Sighard Neckel. Frank Ribéry hat sich von den französischen Banlieues bis ganz nach oben hochgearbeitet. Doch Demut und Bescheidenheit - für ein solches Verhalten sei der Fußballer nicht bereit oder ist nicht in der Lage. Stattdessen entspreche der Fußballer mit seinem Verhalten viel mehr den Rollenbildern, wie wir sie aus dem Gangsta-Rap kennen.
"Ribéry symbolisiert das Klischee des Fußballstars aus einfachen Verhältnissen, der sich überhaupt nicht benehmen kann. Dasselbe haben wir in der Musikszene bei den Gangsta-Rappern, die sich darin gefallen, Fotos zu posten, auf denen sie in Champagner baden."
Der Unterschied ist nur, dass bei Gangsta-Rappern diese Art der verbalen Entgleisungen zum Geschäftsmodell gehören, während sie in der Fußballwelt eigentlich unter öffentlicher Ächtung stehen, so der Soziologe.
Mit Reichtum protzen ist in Deutschland nicht okay
Aber warum ist die Geschichte gerade hier bei uns so eine große Sache? In den USA stellt man Dinge beispielsweise viel selbstverständlicher zur Schau, wenn man es zu etwas gebracht hat. In Ländern wie Deutschland oder Japan haben wir dagegen viel eher ein Neidverhalten, so der Psychotherapeut Wolfgang Krüger.
Krüger, der ein Buch über Neid und die deutsche Neidkultur geschrieben hat, sagt: Wir haben eine sehr starke Sozialstruktur und -Kultur. Vom Gefühl her werde hier jeder mitgenommen, niemand müsse zurückbleiben, auch wenn das nicht der Realität entspreche. Dazu müssen sich alle aber an bestimmt Spielregeln halten. Reich zu werden sei völlig in Ordnung, aber damit protzen, komme nicht gut an.
"Ribéry kann protzen, aber dann ist das immer in unserem Land so, dass der Betroffende abgestraft wird. Dass man das im Grunde genommen nicht gut findet."
Außerdem sei der Sozialaufsteiger Ribéry eine Identifikationsfigur für die Deutschen. Ganz anders als die Kardashians, mit denen wir nie etwas gemeinsam hatten oder haben werden. Und wenn so einer dann daneben benehme, dann treffe uns das viel stärker.
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