E-Gaming ringt um Anerkennung
Sich als Sportler den Traum einer Weltkarriere erfüllen: Heutzutage braucht ihr dafür nicht in der Fußball-Bundesliga zu spielen. E-Sport macht's längst möglich. Sollte Gaming genauso anerkannt werden wie der konventionelle Sport? Hans Jagnow und Rolf Müller sind unterschiedlicher Meinung.
Bis Ende 2020 sollen an der E-Sports Player Foundation in Köln 100 E-Sportlerinnen und E-Sportler an die Weltspitze getrimmt werden. Und für die Erfolgreichen unter ihnen könnte sich das lohnen: Preisgelder für einzelne Gaming-Events liegen mitunter in zweistelliger Millionenhöhe – von Ruhm und Ehre ganz zu schweigen.
E-Sport: Immer professioneller und immer relevanter
Ein E-Sport-Star zu sein, unterscheidet sich in der Branche kaum mehr vom analogen Titelträger. Leistungsbereitschaft, Teamgeist, Fairness – das alles wird schließlich auch im professionellen E-Gaming gelebt, so Hans Jagnow, Präsident des Vereins Esport-Bund Deutschland, in seinem Vortrag. Deshalb gebe es gute Argumente für eine uneingeschränkte Anerkennung.
Professionelles Gaming ist tatsächlich weit entfernt vom Klischee des tumben Zockens und Faul-vor-der-Konsole-Hockens – den Profis im E-Sport wird von Trainerinnen, Ernährungsberatern und Coaches längst ein umfangreiches Programm vermittelt: Wie viel und welche Bewegung benötige ich dauerhaft, um an die Weltspitze zu kommen? Was sollte ich trinken, was nicht mehr essen? Welcher Trainingsplan bringt mich in Topform?
In seinem Vortrag im Jahr 2019 geht Hans Jagnow davon aus, dass E-Sport schon sehr bald mehr gesellschaftliche Anerkennung haben wird.
"E-Sport in Deutschland 2020 wird insgesamt mehr gesellschaftliche Fürsprecher haben. Er wird mehr und mehr in Vereinen repräsentiert sein."
Rolf Müller vom Landessportbund Hessen sieht das anders, er dämpft in seinem Vortrag die hohen Erwartungen an den E-Sport. Als besonders kritisch bewertet er, dass Hans Jagnow für die breite Palette der E-Games kämpft, also alle Spiele politisch, rechtlich und institutionell anerkannt haben will – ob es nun Fußball-Simulationen wie 'Fifa', Strategiespiele wie 'League of Legends' und 'Dota' oder Egoshooter wie 'Counter-Strike' sind.
Diese Unterschiede zwischen Games machen laut Rolf Müller eine klare Definition, was genau zum Sport gehört, sehr schwierig. Außerdem passen seiner Meinung nach die Grundsätze der analogen Sportarten nicht zu denen der Spiele-Entwickler, die aus kommerziellen Gründen ihre eigenen Wettkampf-Regeln vorgeben.
"Wahrscheinlich wird nicht einmal Herr Jagnow bestreiten, dass es sehr große Werteunterschiede zwischen 'Fifa' und 'Counter-Strike' gibt."
Die beiden Vorträge dieser Hörsaal-Ausgabe wurden im Rahmen der 8. Jenaer Sportmanagement-Tagung an der Universität Jena aufgezeichnet. Fachleute und Insider diskutierten dabei am 6. September 2019 über die Frage, ob E-Gaming die gleichen Rechte wie der konventionelle Sport bekommen sollte. Veranstalter war das dortige Institut für Sportwissenschaft.
- Der erste Vortrag stammt von Hans Jagnow, Präsident des E-Sportbundes Deutschland sowie des im Februar gegründeten europäischen Dachverbandes Esports Europe Federation. Im Oktober 2017 hat er ein Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen, er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter u.a. zu Netzpolitik und Digitalisierung im Berliner Abgeordnetenhaus.
- Den zweiten Vortrag hält Rolf Müller, Direktor des Landessportbundes Hessen. 1969 war Rolf Müller Deutscher Hochschulmeister im Schwimmen.
- Ergänzend erklärt unser Nordrhein-Westfalen-Korrespondent Moritz Küpper, wie die nordrhein-westfälische Landesregierung talentierte E-Sportler und E-Sportlerinnen aktuell unterstützt.