Vor der spanischen Küste haben Orcas Boote angegriffen. Dieses Verhalten ist ungewöhnlich. Wissenschaftler rätseln, was die Tiere antreibt.
Seit zwei Monaten gibt es immer wieder Berichte darüber, dass Orcas Segelyachten attackieren. Sie rammen die Boote so stark, dass sie sich drehen oder die Ruder brechen. In einigen Fällen haben sich Crew-Mitglieder leicht verletzt. Orcas sind die größten Mitglieder der Delphin-Familie. Sie folgen gerne Booten, greifen sie aber normalerweise nicht an.
Eine mögliche Erklärung: Motorenlärm und Stress
Michael Dähne ist Kurator am Deutschen Meeresmuseum in Stralsund und kennt sich gut aus mit Meeressäugern. Auch für ihn ist das Verhalten der Orcas in der Straße von Gibraltar sehr rätselhaft. Berichten zufolge greifen die Orcas die Boote wirklich absichtlich an. "Das ist ein Verhalten, das für diese Art überhaupt nicht normal ist", so Michael Dähne. In der Vergangenheit habe es immer mal wieder Zusammenstöße zwischen Pottwalen und Segelschiffen gegeben. Dabei habe ein Pottwal aber meist unabsichtlich ein Boot gerammt.
Es wird darüber spekuliert, dass es sich bei den Angriffen um eine einzige Gruppe Orcas handelt, denn die Angriffe finden immer wieder im selben Seegebiet statt – in der Straße von Gibraltar. "Das ist ein Gebiet, das zu den am meisten frequentierten Schifffahrtsstraßen der Welt gehört", so Michael Dähne. Es gebe dort viel Schiffsverkehr und auch viele Fischerboote seien dort unterwegs
"Ich gehe nicht davon aus, dass es im Normalfall eine wirkliche Gefahr für diese Boote ist."
Es sind dort viele Schiffe mit Motoren unterwegs. "Wir wissen, dass alle marinen Säugetiere, insbesondere Wale und Delfine, extrem empfindlich auf Lärm reagieren", erklärt Michael Dähne. Der Lärm könnte eine Ursache für Stress sein. Und extremer Stress wiederum könnte eventuell auch zu den Angriffen auf Boote führen.
"Aus den Aufnahmen von der Straße von Gibraltar wird man nicht so richtig schlau und kann das nicht wirklich einschätzen."
Orcas können bis zu zehn Meter lang und bis zu fünf Tonnen schwer werden. Außerdem entwickeln sie eine große Gruppendynamik. Die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Verhaltensweisen innerhalb einer Gruppe weitergegeben würden, sei hoch, sagt Michael Dähne. Allerdings geht er nicht davon aus, dass ein Orca – unter normalen Umständen – für die Menschen auf einem Segelboot richtig gefährlich werden könnte. Wenn die Tiere jedoch das Ruder zerstören, sei das natürlich eine extreme Schwachstelle an einem Boot. Es könne dadurch manövrierunfähig werden. "Keine einfache Situation für denjenigen, der da an Bord ist", sagt Michael Dähne.
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