Immanuel Kant ist einer der bedeutendsten Philosophen. Doch in seinem Werk finden sich auch rassistische Passagen. Wie wir mit diesem ambivalenten Erbe umgehen sollten, darüber spricht die Philosophin Andrea Esser in ihrem Vortrag.

In vielen Werken der klassischen deutschen Philosophie finden sich Passagen mit rassistischen, sexistischen oder judenfeindlichen Herabwürdigungen. Andrea Esser ist Philosophin an der Uni Jena und leitet dort das Forschungsprojekt zum Umgang mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus in der Klassischen Deutschen Philosophie. Gemeinsam mit ihrem Team erforscht sie, welche Bedeutung diese Diskriminierungen heute noch haben.

"Kants Philosophie hat uns nicht nur wichtige und bewahrenswerte Ideen verfügbar gemacht, sondern ist in Teilen verstrickt in rassistische, aber auch sexistische und judenfeindliche Traditionen."
Andrea Esser, Philosophin

In ihrem Vortrag diskutiert Andrea Esser drei Beispiele von Rassismus in Kants "Kritik der Urteilskraft". Das ist Kants drittes Hauptwerk, in dem er seine Ästhetik sowie seine Teleologie entwickelt. "Im Text treten eine ganze Reihe von Figuren auf, die dazu herangezogen werden, um verfehlte Urteile darzustellen. Und viele dieser Figuren repräsentieren diskriminierte Gruppen", sagt die Philosophin. Ihrer Meinung nach, sollten wir die rassistischen Passagen in Kants Werk nicht einfach ignorieren.

Kants Rassismus nicht ignorieren

Unsere Kultur wird über Medien weitergegeben, dazu zählen auch philosophische Schriften. Deswegen leben die Vorurteile bis heute weiter, so Andrea Esser. Außerdem knüpften diese an auch heute noch verankerte Stereotype an. Wenn wir Kants Rassismus ignorieren, dann scheint es ein Problem von Kant zu sein und wird auf diese Weise historisiert und von uns distanziert, erklärt die Philosophin.

"Dass die Erzählungen von den Indianern, Häuptlingen und Wilden auch heute noch so plastisch wirken, liegt freilich an den Klischees, die uns keineswegs unbekannt sind."
Andrea Esser, Philosophin

Andrea Esser ist Philosophin an der Uni Jena und leitet dort das Forschungsprojekt zum Umgang mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus in der Klassischen Deutschen Philosophie. Ihren Vortrag "Blinde Flecken der Kritik? Rassistische Beispiele in Kants Kritik der Urteilskraft" hielt sie am 29. November 2023 im Rahmen der Digital Kant-Lectures am Digitalen Kant-Zentrum NRW.

Shownotes
Philosophie
Mit Rassismus in Kants Werk umgehen
vom 19. April 2024
Moderation: 
Nina Bust-Bartels
Vortragende: 
Andrea Esser, Philosophin, Uni Jena