Heute (28.02.17) ist der europäische Tag der seltenen Krankheiten. Wir haben mit der Mediziner Jan Kirschner über die Herausforderung und Wichtigkeit der Erforschung solcher Krankheiten gesprochen. Er sagt: In einem Wohlstandsland wie Deutschland sollte Geld nicht der primäre Grund sein, nichts zu tun.

Eine seltene Krankheit ist eine Krankheit, die nur einen geringen Teil der Bevölkerung betrifft. Genauer: Wenn weniger als eine von 2000 Personen von dieser Krankheit betroffen ist, sagt Jan Kirschner, stellvertretender Leiter des Zentrums für seltene Krankheiten am Universitätsklinikum Freiburg. Das mag einem wenig vorkommen, aber:

"Wenn man bedenkt, dass es in Deutschland bis zu 8000 solcher seltenen Krankheiten gibt und man diese Menschen zusammennimmt, dann sind rund vier Millionen Menschen in Deutschland betroffen."
Jan Kirschner, stellvertretender Leiter des Zentrums für seltene Krankheiten am Universitätsklinikum Freiburg

Jan Kirschner forscht vor allem zur Muskeldystrophie Duchenne, eine Muskelschwundkrankheit, die nur Jungen bekommen. Die Kinder landen oft schon im Alter von zehn Jahren im Rollstuhl. Hierzulande sind rund 3000 Menschen davon betroffen. Kirschner sagt, dass solche Krankheiten nur in nationaler und internationaler Zusammenarbeit mit anderen Kliniken zu erforschen sind. Nur dann haben Ärzte überhaupt genügend Patienten, um neue Therapien und Medikamente zu testen.

Keine Forschung ohne die Pharmaindustrie

Um ein neues Medikament zu erproben, braucht es mindestens 200 Patienten zum Beispiel in einer bestimmten Altersstufe, sagt Jan Kirschner.

"Wir brauchen dafür aber auch die Pharmaunternehmen, die uns bei der Medikamentenentwicklung helfen, weil das sehr teuer ist."
Jan Kirschner, stellvertretender Leiter des Zentrums für seltene Krankheiten am Universitätsklinikum Freiburg

Die Pharmaunternehmen werden ein Medikament aber nur dann entwickeln, wenn sie es später auch verkaufen und hohe Preise dafür erzielen können, um die Kosten zu decken, sagt Kirschner: "Es ist auch eine Frage an die Gesellschaft: Wie bereit ist man, um solche seltenen Krankheiten zu therapieren?" Momentan gibt es nur für rund 5 Prozent der seltenen Erkrankungen zugelassene Therapien.

"Wenn man das mit den häufigen Erkrankungen vergleicht, ist das eigentlich minimal, was die Gesellschaft im Moment für seltene Erkrankungen ausgibt.´"
Jan Kirschner, stellvertretender Leiter des Zentrums für seltene Krankheiten am Universitätsklinikum Freiburg

Für welche Krankheiten sich das Forschen lohnt, lässt sich nicht an Zahlen oder Geld ausmachen, so der Mediziner. Ganz im Gegenteil: Bei Krankheiten, die wie die Muskeldystrophie Duchenne tödlich verlaufen können, gilt für ihn:

"In einem Wohlstandsland wie Deutschland sollte Geld nicht der primäre Grund sein, zu sagen, man kann hier nichts tun."
Jan Kirschner, stellvertretender Leiter des Zentrums für seltene Krankheiten am Universitätsklinikum Freiburg

Gerade im Vergleich mit Ausgaben, die der Staat auch außerhalb des Gesundheitssystems tätigt, so Kirschner, seien die Ausgaben für solche Krankheiten minimal. Für die Betroffenen lohnt sich jede Forschung, um eine Therapie zu finden, so der Mediziner: "Es gibt viele seltene Krankheiten, wo man die Krankheit gut verstanden hat, wo man die Ursachen kennt und wo eine intensivierte Forschung den Patienten helfen könnte."

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"9 years since I put my angel to bed for last time, can't believe how time has passed.#RareDiseaseDay #StayPositive" (Tweet von @Motospeed75)







Shownotes
Rare Disease Day - Tag der seltenen Krankheiten
"Geld sollte kein Grund sein, nicht zu forschen"
vom 28. Februar 2017
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Jan Kirschner, stellvertretender Leiter des Zentrums für seltene Krankheiten am Universitätsklinikum Freiburg