Polizeigewalt, Stereotype aufgrund der Hautfarbe und die Angst als ständiger Begleiter – für manche von uns ist das Alltag. Rassismus geht uns aber alle etwas an.

In den USA verliert ein schwarzer Mann wegen der Brutalität eines weißen Polizisten sein Leben. Für den Verstorbenen George Floyd und seine Familie hagelt es via Social Media seither Beileidsbekundungen aus der ganzen Welt. Schwarze Menschen in Amerika fühlen sich allerdings nicht erst seit dieser Tragödie bedroht.

Egal ob beim Einkaufen, Spazierengehen oder Joggen: Rassistische Übergriffe und Ressentiments scheinen ständige Begleiter. Doch der Rassismus äußert sich nicht nur in expliziter Gewalt. In Deutschland begegnet er vielen schwarzen Menschen unterschwellig. Wie fühlt es sich eigentlich an, ein Leben lang mit der eigenen Hautfarbe konfrontiert zu werden?

George Floyd: Nicht das erste Opfer von Polizeigewalt

Die schwarze Autorin und Kolumnistin Jasmina Kuhnke erzählt uns im Gespräch, was derzeit in ihr vorgeht: "Mir geht es wie vielen Brüdern und Schwestern nachvollziehbar schlecht." Dass der Mord an George Floyd jetzt so viele von uns schockiert, liegt auch daran, dass wir alle über unsere Smartphones live dabei waren, erklärt Jasmina. Sie selbst hat vor allem die Kaltschnäuzigkeit des Polizisten während der Tat schockiert.

"Jetzt ist der Moment, in dem viele die Schreie vernehmen. Aber wir schreien schon sehr lange."
Jasmina Kuhnke, Autorin

Jasmina weist dringlich darauf hin, dass Goerge Floyd nicht der erste schwarze Mensch ist, der in den USA durch Polizeigewalt ums Leben gekommen ist. Das Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen sei schon lange belastet. Von Leichtigkeit für schwarze Menschen im Alltag könne nie die Rede sein.

"Man muss verstehen, dass weiße Personen in der Polizei den Freund und Helfer sehen. Schwarze Personen sehen in ihr den Mörder."
Jasmina Kuhnke, Autorin

Jasmin ist sich zudem sicher, dass eine solche Tat auch in Deutschland passieren kann: "Jeder Schwarze hat in Deutschland bereits Rassismus-Erfahrungen gemacht", sagt sie.

Rassismus auch in Deutschland ein Problem

Auch für die schwarze Politikerin Aminata Touré von den Grünen ist Rassismus kein alleiniges Problem der USA: "Es ist ein Problem, mit dem wir uns alle auseinandersetzen müssen.“ Aminata setzt sich in der Politik dafür ein, klare Maßnahmen gegen Rassismus zu formulieren.

"In unserer Landesverfassung steht, dass wir ein Recht darauf haben, ohne Rassismus zu leben. Von daher ist es eine höchst politische Angelegenheit.“
Aminata Touré, Grünen-Politikerin

Sie glaubt, dass der Bildungsbereich einen größeren Fokus auf die Kolonialgeschichte sowie auf antischwarze Rassismen legen sollte. Diese bestünden zum Teil noch bis heute.

Kritisch sieht Aminata auch unsere Vorstellung von Repräsentation: Die bedeute eben nicht nur, dass es ein oder zwei schwarze Menschen mehr in der Politik geben sollte. So müsse Repräsentation gesamtgesellschaftlich betrachtet werden. Immerhin ein Viertel unser Gesellschaft habe eine Migrationsgeschichte: "Im Politikbetrieb zeichnet sich diese Lebensrealität jedoch nicht ab."

Stereotype in Film und Fernsehen

Ähnlich beschreibt das der schwarze Schauspieler und Produzent Tyron Ricketts. Obwohl Tyron viele seiner Filmrollen gerne spielt, kritisiert er zugleich deren Stereotype: Entweder sei er der Amerikaner, der Geflohene oder der Engländer zum Beispiel. Und wenn er Hoteldirektor sei, dann aber auf Mauritius. "Man ist nie Teil des Ganzen“, stellt er fest. Trotz Trauer und Erschöpfung nach dem Mord an George Floyd nimmt Tyron aber auch die Solidarität zur Kenntnis.

"Es fühlt sich so an, als ob man gerade im Moment etwas verändern könnte."
Tyron Ricketts, Schauspieler

In Ab 21 haben wir mit schwarzen Menschen gesprochen, die von Rassismus betroffen sind – jeder hat entsprechende Geschichten und Erfahrungen. Wie groß dieses Problem ist, dazu gibt es kaum konkrete Zahlen.

Afrozensus: Afrodeutschen eine Stimme geben

Joshua Kwesi Aikins beschäftigt sich wissenschaftlich damit, wie man Daten zu Diskriminierung erhebt und hat den sogenannten Afrozensus mit vorbereitet, der erstmals demografische Daten und Daten zur Lebenssituation der schwarzen Bevölkerung Deutschlands erhebt. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie viele schwarze Menschen in Deutschland von Rassismus betroffen sind und welches Verhältnis sie zur Polizei haben.

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Shownotes
#blacklivesmatter
Warum Rassismus für uns Alltag ist
vom 02. Juni 2020
Moderator: 
Dominik Schottner
Gesprächspartnerin: 
Jasmina Kuhnke, Autorin
Gesprächspartnerin: 
Aminata Touré, Politikerin
Gesprächspartner: 
Tyron Ricketts, Schauspieler
Gesprächspartner: 
Joshua Kwesi Aikins, Politikwissenschaftler