Wann ist die Neonazi-Vergangenheit eines Lokalpolitikers wirklich Geschichte? Auf Menschenwürde und sichtbare Distanz zum Rechtsextremismus kommt es an, sagt der Leiter der Aussteigerorganisation Exit-Deutschland.
Der CDU Kreispolitiker Robert Möritz hat eine Koalitionsstreit in der Landesregierung in Sachsen-Anhalt ausgelöst. Grund ist seine Neonazi-Vergangenheit und seine bis vor kurzem andauernde Mitgliedschaft in dem Verein Uniter. Im Jahr 2011 nahm Robert Möritz als Ordner an einer Neonazi-Demonstration teil, bis heute trägt er eine tätowierte schwarze Sonne am Ellenbogen. Das Symbol wird unter Neonazis als Ersatzsymbol für das verbotene Hakenkreuz verwendet. Der 29-Jährige ist Beisitzer im Kreisvorstand Anhalt-Bitterfeld und Mitglied im Konservativen Kreis der Landespartei.
Die CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich inzwischen zu dem Fall geäußert. Liege ein Vertrauensbruch vor, müssten Konsequenzen gezogen werden. Über einen Parteiausschluss kann der Landesvorstand der Partei entscheiden. Für seinen Kreisvorstand hat sich Robert Möritz mittlerweile ausreichend von der Neonazi-Szene distanziert.
Update 20.12.2019: Inzwischen ist Robert Möritz aus der CDU ausgetreten.
Menschenwürde als Kriterium
Bernd Wagner leitet Exit-Deutschland. Die Organisation hilft Menschen dabei aus der rechten Szene auszusteigen. Der Kriminologe hat die Erfahrung gemacht, dass Aussteigerinnen und Aussteiger ihr Menschenbild neu sortieren und wirklich jeden Menschen und seine Würde anerkennen müssen. Für ihn mit das wichtigste Kriterium. Erkennen sie die Würde des Menschen bedingungslos an, stünden potentielle Aussteiger grundsätzlich im Widerspruch zur rechtsextremen Weltanschauung und ihrem zwanghaft wertenden Menschenbild, sagt Bernd Wagner.
"Es ist immer ein Grund da, andere Menschen abzuwerten und als Person zweiter, dritter oder vierter Ordnung einzustufen. Das muss weg."
Ob Distanz zur Szene da ist, lässt sich also in persönlichen Gesprächen herausfinden. Bereits die Zweifel an der Szene könne man Aussteigewilligen häufig anmerken, berichtet Bernd Wagner. Sie würden Ausreden erfinden, um nicht mitmachen zu müssen.
Verhalten statt reiner Rhetorik
Aussteigewillige können auch durch öffentliche Reden auf Distanz gehen und sich von Symbolen trennen. Außerdem können sie die Opfer rechtsextremer Gewalt besuchen. Der Ausstieg sei oft ein lange andauernder und unangenehmer Prozess. Wichtig ist für Bernd Wagner, dabei nicht in reiner Rhetorik steckenzubleiben.
"Das ist kein Zuckerschlecken für Rechtsextremisten sich von der rechtsextremen Szene zu entfernen."
Für Bernd Wagner ist auch klar, dass Menschen nach ihrem Ausstieg aktiv am politischen Leben teilnehmen und in demokratischen Parteien Funktionen und Ämter übernehmen. Er weist auf einen Ex-NPD-Funktionär hin, der heute in der SPD politisch aktiv sei.
"Einer der ersten Neonazis, der auch Funktionär der NPD war, ist heute ein gegen den Rechtsextremismus engagiert auftretendes SPD-Mitglied."
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