Manche Räder werden nie wieder abgeholt und rosten dann vor sich hin. Solche Schrotträder sammelt eine Werkstatt aus Berlin ein und macht aus ihnen neue Flitzer. Ihre Upcycling-Räder verkauft die Werkstatt für wenig Geld.
Dauerhaft geparkte Räder stehen in Städten gerne mal überall herum: auf dem Gehweg, an Zäunen, an großen Fahrradständern vor Bahnhöfen. Oft werden sie nicht abgeholt, weil sie nicht mehr fahrtauglich sind. Ihnen fehlt ein Rad, der Lenker oder sie sind völlig verrostet.
Für Leonie Buttgereit und ihr Team sind sie das ideale Rohmaterial. Denn: Sie machen aus den alten Rädern neue. Das passiert in der Werkstatt der Agens GmbH in Berlin. Die Firma ist ein sogenannter Sozialbetrieb, der Menschen fördert, die seit mehr als zwei Jahren arbeitslos sind. Dafür bekommt der Betrieb vom Jobcenter auch einen Zuschuss zu den Personalkosten. Den Rest erwirtschaftet die Werkstatt selbst.
Aus Schrott mach Style
Fahrräder reparieren gehört schon lange dazu. Das Upcycling-Konzept ist jetzt neu dazugekommen. Damit gibt der Betrieb eine Antwort auf zwei Probleme: Zum einen verschwinden die Schrotträder aus der Stadt. Zum anderen entstehen so neue Räder, die wenig kosten. Im Schnitt bietet der Betrieb die Upcycling-Räder für bis zu 250 Euro an. Obendrauf gibt es ein Jahr Garantie. Die Nachfrage ist entsprechend groß, sagt Leonie Buttgereit von Agens.
"Wir finden diese herrenlosen Fahrräder an allen Bahnhöfen. Auch in meinem Haus im Fahrradkeller ist bestimmt die Hälfte nicht mehr in Gebrauch. Kann man da nicht was Besseres draus machen?"
Fahrradleichen von den S-Bahnhöfen
Damit der Betrieb an die Schrotträder rankommt, hat er einen Vertrag mit Infravelo. Die Firma soll die Mobilitätswende in Berlin weiter bringen. Sie betreut Fahrradständer an 78 S-Bahnhöfen in der Hauptstadt.
Wenn ein Rad an einem der Bahnhöfe mehr als zwei Wochen nicht bewegt wurde und sichtbare Schäden hat, bekommt es eine Banderole mit einem Hinweis für die Besitzer*innen. Sie haben dann zwei weitere Wochen Zeit, das Fahrrad abzuholen. Räder, die weiter dort stehen, gehen an die Werkstatt des Sozialbetriebs.
Viele Teile lassen sich wiederverwenden
Dort demontieren die Mitarbeiter*innen die Räder und ordnen die Teile in Kisten ein: Schalthebel, Bremsen, Bremshebel, Pedale. Nur was wirklich nicht mehr zu retten ist, kommt in eine Schrottkiste. Viele der gebrauchten Teile lassen sich aber geputzt, geschmiert und geölt gut wiederverwenden, erklärt Leonie Buttgereit. In der Regel kaufe die Werkstatt nur Verbrauchsmaterial wie Bremsbeläge oder Schläuche neu ein.
So wird zum Beispiel einem Original-Mixte-Rahmen aus den 80er-Jahren neues Leben eingehaucht. In knallrosa steht das alte neue Fahrrad mit Kettenschaltung, Nabendynamo und stylischen weißen Lenkergriffen im Verkaufsraum des Betriebs in Berlin-Kreuzberg.