Frischkäse, Nutella oder TK-Pizzen: Viele Lebensmittel sind seit Monaten teurer geworden. Die Hersteller geben die Kosten für die Rohstoffe an uns weiter oder reduzieren einfach die Packungsgrößen. Jetzt sinkt auch noch die Qualität der Produkte.
Das Phänomen wird auch als Skimpflation bezeichnet. "Skimp" bedeutet knausern, einsparen, und "flation" steht für Inflation. Bedeutet: Obwohl die Qualität der Produkte sinkt, steigt der Preis. Und davon ist beispielsweise bei Aldi Nord Schokolade der Eigenmarke Moser Roth betroffen, genauer: Edel Marzipan Vollmilch und Edel Marzipan Zartbitter, wie Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg erklärt.
Weniger Marzipan in der Schokolade
Zum einen habe man die Füllmenge der Packung verkleinert. Zum anderen aber auch den Marzipananteil reduziert. Unter dem Strich erhalte man so eine schlechtere Schokolade für einen höheren Preis. Aldi Nord weist diesen Vorwurf entschieden zurück. In einer Stellungnahme schreibt das Unternehmen: "Wir haben keine Zutaten durch qualitativ minderwertige ersetzt. Vielmehr haben wir lediglich die Grammaturen der Schokoladentafeln angepasst. Die von der Verbraucherzentrale Hamburg bezeichnete schlechtere Qualität können wir nicht bestätigen."
"Also auch hier eine Skimpflation. Und dann hat man noch mit den Preisen hin- und herjongliert. Aber unter dem Strich kriegt man eine schlechtere Qualität zu einem Preis, der 30 Prozent teurer ist."
Armin Valet fahndet bei der Verbraucherzentrale Hamburg nach versteckten Preiserhöhungen. Er und seine Kolleg*innen haben in letzter Zeit immer mehr Beschwerden erhalten.
Schlechtere Qualität konnten sie auch in TK-Pommes vieler Hersteller nachweisen. Statt mit Sonnenblumenöl wurden sie mit Palmöl vorfrittiert, weil Sonnenblumenöl nach Kriegsbeginn in der Ukraine schwer erhältlich war. Für uns als Kund*innen sei dieser Unterschied kaum erkennbar, sagt Armin Valet, aber dennoch von Nachteil, weil Palmfett einen höheren Anteil an gesättigten Fettsäuren hat und somit weniger gesund ist.
Hersteller tuschieren Preissteigerungen
Skimpflation gibt es auch in Aufstrichen oder Pesto-Saucen, wo einfach die Menge an Olivenöl halbiert wurde. Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, spricht in diesem Zusammenhang von "einer Art Täuschung". Denn man könne diese Qualitätsminderung nur erkennen, wenn man die Zutatenlisten genau studiert und vergleicht.
Die Hersteller greifen zu diesem Trick, weil sie natürlich wissen, dass Preissteigerungen bei uns im Supermarkt nicht gut ankommen. Also sparen sie an der Qualität und verwenden günstigere Rohstoffe.
"Also muss der Hersteller jetzt irgendwie einen Weg finden, dass die Preissteigerungen beim Handel doch nicht so hoch sind. Und das kann er erreichen, indem er die Rohstoffqualitäten anpasst, sprich nach unten anpasst, und dadurch das Produkt für ihn günstiger wird."
Doch die Qualitätsstandards der Produkte zu senken ist nicht der einzige Weg für Hersteller, um Geld zu sparen. Weit verbreitet ist auch die Shrinkflation – also eine Verbindung des englischen Worts für Schrumpfen und Inflation. Dabei wird einfach die Menge eines Produktes reduziert, der Preis aber bleibt gleich oder steigt. Die Verbraucherzentrale Hamburg beobachtete das bis Mitte August allein bei 75 verschiedenen Produkten.
Hersteller in die Pflicht zu nehmen, ist schwer
Deshalb fordert die Verbraucherzentrale gesetzliche Veränderungen, damit Hersteller zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Armin Valet ist aber wenig optimistisch, dass sich schnell etwas ändert. Er begleite das Thema schon seit siebzehn Jahren, sagt er, "und wir haben da noch keine Verbesserungen für die Verbraucher erreicht – eher im Gegenteil."
Hinweis: Aldi Nord hat uns nach Aufzeichnung unseres Beitrags kontaktiert. Wir haben die Aussagen des Unternehmens daher im Text ergänzt.