TikTok verkündet in seinem Blog, dass Mitglieder künftig auch längere Videos hochladen können. Warum das für Nutzer*innen nicht unbedingt gut sein muss, erläutert Deutschlandfunk-Nova-Netzautor Andreas Noll.
Social-Media-Plattformen wollen Nutzer*innen mit neuen Funktionen an sich binden. Auch TikTok kämpft um weitere Marktanteile im Netz – mit neuen Funktionen. Ab sofort können User*innen bis zu drei Minuten lange Videos veröffentlichen.
Längere Videos bieten mehr Platz für Werbung
Die Bandbreite von TikTok-Videos ist enorm. Politik, Comedy, Musik, Challenges und noch einiges mehr. Der Haken daran: Die Videos waren höchstens eine Minute lang, der meiste Content dauerte einige Sekunden. Das ändert sich in Zukunft. Ab sofort können alle User*innen bis zu drei Minuten lange Videos posten. Das hat das Unternehmen mit Hauptsitz in Los Angeles in einem Blogeintrag bekanntgegeben. Deutschlandfunk-Nova Netzautor Andreas Noll vermutet, dass TikTok auf diese Weise mehr Werbung ausspielen will.
"Bei den kostenlosen Plattformen sind wir nicht der Kunde, sondern das Produkt. Der Kunde ist die Werbeindustrie. Wenn die Videos drei Minuten lang sind, ist Platz für längere Werbevideoanzeigen."
Andreas Noll sagt, dass sich mit langen Videos auch die Verweildauer der User*innen auf TikTok erhöht. Je mehr Zeit wir auf dem Portal verbringen, desto mehr Werbung kann der Konzern schalten, schätzt Andreas den Schritt ein. "Am Ende bedeutet das mehr Einnahmen für TikTok."
"Am Ende bedeutet das mehr Einnahmen für TikTok."
TikTok gibt damit ein Alleinstellungsmerkmal auf. Das wäre ein ziemlich großer Einschnitt, sagt Andreas Noll. Kurze Videos hätten die Plattform so beliebt gemacht.
"Wie es in den kommenden Monaten weiterläuft, hängt vom TikTok-Algorithmus ab. Je nachdem, wie er die längeren Videos einordnet. Vielleicht werden wir in Zukunft auf TikTok weniger kurze Videos sehen."
Den Schritt zu längeren Videos auf TikTok vergleicht unser Netzautor mit dem von YouTube. Vor einigen Jahren machte YouTube es ähnlich: Längere Videos wurden vom Algorithmus belohnt und bevorzugt in den Suchergebnissen angezeigt.
Werbeunterbrechungen liegen im Trend
Andreas Noll hat das Gefühl, dass die Zahl der Werbeunterbrechungen in langen YouTube-Videos mit jedem Monat steigt.
"Ich kann das nicht mit einer Studie belegen. Vom Bauchgefühl habe ich bei YouTube den Eindruck, dass die Zahl der Werbeunterbrechungen mit jedem Monat steigt."
Eine weitere Folge der neuen Funktion bei TikTok könnte sein, dass Videoserien weniger angezeigt werden. Das war ein häufiger Trick, den Content-Produzenten nutzten, um die Längenbegrenzung zu umgehen.
Andreas Noll erkennt einen allgemeinen Trend bei Social-Media-Plattformen: den Content zugunsten der Werbetreibenden zu optimieren. "Es ist auf jeden Fall ein Trend der Betreiber."
"In dieser Woche haben wir schon erfahren, dass auch Instagram sein Erscheinungsbild grundlegend verändern will. Das heißt, Instagram soll so wie TikTok eine Videoplattform werden."