Wenn wir uns mit Postings an die Öffentlichkeit wenden, machen wir uns auch angreifbar. Die Medienpsychologin Josephine Schmitt gibt Workshops zu dem Thema und zum Umgang mit Hatespeech. Anna teilt auf Social Media ihre Gedanken zum Thema Abnehmen und Wunschgewicht mit tausenden Menschen.
Lange ging es auf Social Media besonders darum, Bilder und Filmchen zu teilen, bei denen andere vor Neid erblassen. Urlaubsbilder aus Bali, die Geburt des ersten Kindes oder glückliche Pärchenbilder von der großen Liebe: Instagram und Co. reproduzieren täglich solche Traumbilder. Zu Beginn der sozialen Medien ging es nur um eine perfekte Welt, erklärt Medienpsychologin Josephine Schmitt, daher findet sie die aktuelle Gegenbewegung – Darstellung von Verletzlichkeit und Problemen – auf Social Media auch richtig und wichtig.
Aber: Es kommt dabei auch auf die Umsetzung an, sagt Josephine Schmitt.
Warum wir Verletzlichkeit zur Schau stellen
Die Medienpsychologin rät jedem, der überlegt auf Social Media seine verletzliche Seite zu zeigen, sich im Vorhinein zu fragen, warum wir das machen möchten. Die Gründe dafür, auch verletzliche Seiten zu zeigen, sind laut Josephine Schmitt vielseitig. Im besten Fall geht es darum, bei Problemen von der Außenwelt eine Unterstützung zu bekommen, erklärt sie. So ist es auch für Anna, die über ihre Essstörungen auf Social Media spricht.
"Vielleicht geht es auch darum, Support, Unterstützung und Feedback von anderen zu bekommen."
Für Anna ist es außerdem eine Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen und sich nicht mehr zu verstecken. Wer Verletzlichkeit zeigt, der erschafft auch Nähe und Identifikationspotenzial. Josephine Schmitt verweist aber auch auf Studienergebnisse, denen zufolge Verletzlichkeit auf Social Media auch deswegen gezeigt werde, um damit mehr Aufmerksamkeit zu schaffen und mehr Geld zu verdienen.
Verletzlichkeit und seine negativen Auswirkungen
Wer sich verletzlich zeigt, ist immer auch mehr Hass und Hetze ausgesetzt, erläutert die Medienpsychologin. Anna erzählt, dass sie selbst nur wenige negative Kommentare auf ihrem Instagramprofil erlebt. Aber auch sie ist gelegentlich traurig, wenn ein negativer Kommentar von ihren mehr als 36.000 Follower*innen kommt. Sie holt sich dann trost bei ihrem Mann oder bei Freund*innen.
"Ich habe das Glück, dass ich sehr viele Freunde oder meinem Mann habe, die mich dann aufbauen, wenn mich ein Kommentar mal runterzieht."
Gerade Frauen sind über Social Media häufiger sexistischen und diskriminierenden negativen Kommentaren ausgesetzt, ergänzt Josephine Schmitt. Wenn wir Verletzlichkeit und Probleme präsentieren, könne das außerdem Nebeneffekte habn: Ein Beispiel dafür ist die Reproduktion des Stereotyps, dass es bei Frauen besonders ums Aussehen geht und das Schlanksein das Ziel ist.
Umgang mit negativen Kommentaren
Wer sich verletzlich auf Social Media zeigt, dem rät Josephine Schmitt dazu, sich vor dem Posten Grenzen zu setzen. Außerdem hilft es, Freund*innen zu haben, die bei kritischen Postings vorher die Kommentare durchlesen. Hier kann schon selektiert werden.
"Manchmal kann das sehr verletzend sein. Und dann hilft es, eine Person zu haben, die das vorher durchliest."
Wer präventiv vorsorgen möchte, dem rät Josephine Schmitt dazu, eine Etikette auf seinem Profil einzuführen. Dabei werden Verhaltensregeln für die eigene Community vorgegeben. So ein Regelwerk kann helfen, es verhindert aber nicht, dass es auch Kommentator*innen gibt, die sich nicht daran halten. Wenn das der Fall ist, rät die Medienpsychologin dazu, nicht auf die Meinungsfreiheit zu bestehen, sondern auf die eigene Gesundheit zu achten und negative Kommentare im Zweifelsfall auch zu löschen.
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