Als am 15. Februar 1989 die Sowjet-Truppen aus Afghanistan abziehen, hinterlassen sie ein militärisches Desaster: zwei Millionen getötete Zivilisten, zehn Millionen Geflüchtete.

Am 25. Dezember 1979 marschiert die Sowjetarmee in Afghanistan ein. Von da an versucht die Sowjetunion zehn Jahre lang, das Land am Hindukusch in ihren Machtbereich zu integrieren.

Doch wie kam es überhaupt zu der sowjetischen Invasion? 1978 putschte sich die kommunistische Demokratische Volkspartei Afghanistans (DVPA) an die Macht, setzte mit Gewalt eine Landreform durch und unterdrückte ihre politischen Gegner. Islamistische Guerillakämpfer und Großgrundbesitzer rebellierten und in innerhalb der DVPA kam es zu Machtkämpfen. Geheimdienstchef Hafizullah Amin putschte sich im September 1979 ins Präsidentenamt. Das führte zu einem Bürgerkrieg, in dem die Kommunisten gegen verschiedene Gruppen der religiös-geprägten afghanischen Stammesgesellschaften kämpften.

In diesem Kampf bitten die Kommunisten die sowjetische Führung in Moskau um militärische Unterstützung. Das wird im Kreml einige Male mit dem Hinweis abgelehnt, man müsse auf die Beziehungen zum Westen Rücksicht nehmen. Mit dem NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979 ändert sich die Weltlage und eine Rücksichtnahme auf westliche Befindlichkeiten ist nach Ansicht der Kreml-Chefs nicht mehr notwendig.

Invasion der sowjetischen Truppen in Afghanistan

Unter Führung des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei, Leonid Breschnew, greift die Sowjetarmee ein. In den folgenden zehn Jahren sind 115.000 Soldaten im Einsatz. In Kabul wird eine sowjettreue Regierung installiert, die mit 55.000 Soldaten der kommunistischen Armee Afghanistans die sowjetischen Truppen unterstützen.

Doch es formiert sich Widerstand innerhalb Afghanistans, vor allem um religiöse Führer. Sie rufen gegen die sowjetischen Besatzer und die Regierung in Kabul den "Heiligen Krieg" aus, die Widerstandskämpfer nennen sich Mudschahidin ("die, die den Heiligen Krieg ausüben"). Zur Zeit des sowjetischen Einmarschs wird die Zahl der islamistischen Kämpfer auf rund 40.000 Mann geschätzt. Schon vor dem Einmarsch hatte die CIA die Mudschahidin unterstützt. Nach offiziellen Angaben erhielten die Widerstandskämpfer während des Krieges rund drei Milliarden US-Dollar von den USA. Afghanistan war zu dieser Zeit einer der wichtigsten Schauplätze des Kalten Krieges.

Kreml-Führung beschließt Abzug

Den sowjetischen Truppen gelingt es nicht, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Mai 1988 kontrollieren die Mudschahidin rund 60 Prozent Afghanistans. Die sowjetische Führung beschließt Anfang 1988 den sofortigen Abzug aller Truppen. Im April 1988 besiegelt das Genfer Abkommen zwischen Afghanistan, der Sowjetunion, den USA und Pakistan das Ende des Krieges. Am 15. Februar 1989 verlassen die letzten sowjetischen Soldaten das Land. Zu diesem Zeitpunkt lautet die traurige Bilanz: 18.000 afghanische und 14.500 sowjetische Soldaten getötet, knapp 60.000 sind zum Teil schwer verwundet, die Opferzahlen auf Seiten der Mudschahidin sind nicht bekannt. Bis zu zwei Millionen afghanische Zivilisten haben ihr Leben in dieser Kriegsdekade verloren, insgesamt sind zehn Millionen innerhalb und außerhalb Afghanistans auf der Flucht.

"Sovietnam"

Dieses militärische Desaster der Sowjetunion wird mit dem der USA in Vietnam verglichen. Unter dem Titel "Sovietnam", der sich auf diesen Vergleich bezieht, hat die Historikerin Tanja Penter ein Buch über die sowjetische Besatzung in Afghanistan veröffentlicht. In ihrer Einleitung schreibt sie: "Den Afghanistan- und Vietnamkrieg verbindet, dass sie weder für die Sowjetunion noch für die USA zum Sieg führten und die jeweilige politische und soziale Krise im Innern verschärften."

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Tanja Penter, Expertin für osteuropäische Geschichte, erläutert das sowjetische Desaster "Sovietnam".
  • Sabine Adler, DLF-Korrespondentin für Osteuropa und Russland, beschreibt die Auswirkungen der Invasion in Afghanistan auf die Sowjetunion.
  • Antonia Rados war als Journalistin oft in Afghanistan und beschreibt die Lage im Land am Hindukusch.
  • Deutschlandfunk Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erläutert die politische Situation in Europa am Beginn der Invasion in Afghanistan im Dezember 1979.
  • Deutschlandfunk Nova-Reporterin Anna Wissmüller erinnert an das Ende der gescheiterten sowjetischen Besatzung.
Shownotes
Gescheiterte Besatzung
Abzug der Roten Armee aus Afghanistan 1989
vom 09. Februar 2024
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld
  • Tanja Penter erläutert das sowjetische Desaster "Sovietnam".
  • Sabine Adler beschreibt die Auswirkungen der Invasion in Afghanistan auf die Sowjetunion.
  • Antonia Rados beschreibt die Lage im Land am Hindukusch.