Die Kombination von Vor- und Nachnamen zeigt bei der Ansprache von Frauen ein Machtgefälle - schlecht für die Karriere. So das Ergebnis einer US-Studie. Darüber sprechen wir mit einer Gender-Forscherin.

Männer werden in beruflichem Kontext in den USA häufiger nur mit ihrem Nachnamen angesprochen – Frauen hingegen eher mit ihrem Vor- und Nachnamen. Das gilt als höflich, allerdings wirken Frauen dadurch als weniger qualifiziert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Stav Atir und Melissa J. Ferguson von der Cornell University Ithaca.

Das Forscherteam hat einen Gender Bias identifiziert und nimmt an, dass auch diese unterschiedliche Ansprachepraxis bei Männern und Frauen im Job dazu geführt haben könnte, dass Frauen in Wissenschaft, Technik, Mathematik und Ingenieurwissenschaften unterrepräsentiert sind.

Die gedachte Norm ist männlich

Wir haben mit der Gender-Forscherin und Amerikanistin Julia Roth gesprochen, die uns auch erklärt, wie sich der psychologische Effekt aushebeln lässt. Sie meint, dass auch in Deutschland Vornamen bei Frauen häufiger dazugesagt werden, weil die Norm immer noch männlich gedacht wird.

"Ich würde unterstellen, wenn Michelle Obama Präsidentin würde, würde man, wenn man Obama sagt, immer den Mann meinen und 'Michele' zu 'Obama' dazusagen."

Es ist bei Männern so, dass die Benennung eher über Nachnamen funktioniert. Da weiß man genau, wer gemeint ist und bei Frauen nennt man offenbar aus einem Automatismus heraus den Vornamen auch. Julia Roth meint, dass Männernamen häufig bereits für eine Epoche stehen und symbolisch besetzt sind. Das gibt es bei Frauen eher selten – mit Ausnahmen wie: 'die Dietrich' oder 'die Monroe'.

"Es gibt noch die Position wie 'die Dietrich' oder 'die Monroe' oder 'die Bergmann' – solche Ikonen. Das sind andere mächtige Positionen, wo es auch um Attraktivität geht: sexy, verruchte Figuren, aber selten politische Machtfiguren."

Das wären dann aber immer Machtpositionen, bei denen es auch um äußerliche Attraktivität geht, meint Julia Roth. Bei der Ansprache kann man versuchen, Menschen verschiedener Geschlechter gleich zu behandeln. Das bedeutet also beispielsweise von Angela Merkel und Horst Seehofer zu sprechen und zu schreiben und von Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer.  So entstehe keine Hierarchie zwischen beiden. Sie würden sprachlich gleichberechtigt.

Die Studie ist kostenpflichtig und auf der Seite des Magazins PNAS gegen eine Gebühr abrufbar. Der Abstract ist hier kostenlos zugänglich.

Mehr zum Thema Begrüßungen und Namen bei Deutschlandfunk Nova:

Shownotes
Sprache als Machtmittel
Nachname reicht – auch bei Frauen
vom 03. Juli 2018
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartnerin: 
Julia Roth, Gender-Forscherin von der Universität Bielefeld