Angeblich verhindert Apple seit Jahren die Einführung des Universal-Ladekabels, das die Europäische Union durchsetzen will.

"Hat jemand ein iPhone-Ladekabel dabei?" Eigentlich sollte diese Frage schon seit zehn Jahren keine mehr sein. Seitdem will die EU nämlich ein einheitliches Ladekabel für Smartphones durchsetzen. Daraus ist bis jetzt allerdings nichts geworden. Ab heute wissen wir, woran das Universalkabel bislang scheinbar gescheitert ist. Apple ist daran Schuld, schreibt netzpolitik.org. Angeblich verhindert das Unternehmen die Standardisierung seit Jahren.

Apple: Theorie und Praxis

Netzpolitik.org hat Zugriff auf 150 E-Mails, Gesprächsnotizen und Berichte bekommen. Demnach hat Apple 2009 zwar die Absichtserklärung für ein Standard-Ladekabel unterschrieben (so wie die anderen großen Hersteller auch) – in der Praxis hätten sie allerdings das Gegenteil gemacht und die Vereinheitlichung jahrelang torpediert.

Apple wollte nämlich lieber seine eigenen Ladekabel verkaufen. Bis 2012 war das noch ein 30-poliger-Anschluss, ab 2012 hat Apple dann den Lightning-Anschluss in allen iPhones verbaut. Da hatten sich alle anderen Hersteller längst auf den Standard Micro-USB verständigt. Drei Jahre nach Beginn der Vereinheitlichungs-Initiative hat Apple also eigene Zusagen ignoriert und weiterhin auf Eigenentwicklungen gesetzt. 

Trennung von Stecker und Kabel

Einen Teil des gemeinsamen EU-Projektes hat Apple mit seiner Unterschrift auf der Absichtserklärung aber erfüllt: nämlich die Trennung von Stecker und Kabel. Das sei gut für die Geldbörse und für die Umwelt, sagt unser Netzreporter.

"Die Trennung von Stecker und Kabel spart Kosten und ist aus Umweltschutzgründen gut."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter

Bezüglich des Lightning-Anschlusses hat Apple seine Absichtserklärung einfach um den Passus ergänzt, dass man einen Adapter auf Micro-USB anbiete. Und den gibt es ja.

Als Grund für die Beharrlichkeit, an der eigenen Technik festzuhalten, gibt Apple seine Standards an, die angeblich allen anderen überlegen sind. Der Konzern habe in der Vergangenheit ja auch schon häufig früh auf das richtige Pferd gesetzt, sagt Andreas Noll. So war Apple etwa beim Boykott von Flash Vorreiter, heute ist es praktisch Geschichte.

USB ist das Maß aller Dinge

Bei den Ladegeräten ist aber nun mal eben USB das Maß aller Dinge in der gesamten IT-Welt. Nur eben bei Apple nicht - wohl aus finanziellen Gründen, vermutet unser Netzreporter.

"Apple verdient mit den Adaptern gutes Geld. Und Lightning gehört Apple. Hersteller, die es benutzen wollen, müssen für das Patent zahlen."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter

2016 waren sich dann wieder (fast) alle Hersteller einig und wollten auf USB-C umsteigen, belegen die Mails von Netzpolitik.org. USB-C ist der neue Stecker, den man nicht mehr falsch herum einstecken kann. Apple hat allerdings auch diese Einigung wieder torpediert. Argument: Es gebe über eine Milliarde Tablets und Handys mit dem Lightning-Standard. Da könne man den Kunden jetzt nicht zumuten, den Stecker zu wechseln.

Gesetzlich bindender Standard?

Die EU analysiert zurzeit die verzwickte Lage. Noch in diesem Jahr soll es eine offizielle Einschätzung dazu geben. Je nach Ausgang der Lobby-Schlacht könnte Brüssel dann einen Gerätestandard gesetzlich festschreiben, der für die Mitglieder bindend ist. 

Möglich wäre auch, dass Apple noch umschwenkt. Das iPad Pro zum Beispiel ist ja schon seit 2018 auf USB-C umgestellt. Außerdem gibt es Gerüchte, auch das kommende iPhone 11 werde endlich USB-C beherrschen.

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Shownotes
Technikstandards
Wie Apple das Universal-Ladekabel verhindert
vom 13. März 2019
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter