Jede Woche berichtet unser Biologe Mario Ludwig interessante Geschichten aus der Tierwelt im Tiergespräch – manchmal fallen auch Begriffe wie "invasiv" "eingewandert" oder "gefährlich". Ein Beispiel dafür ist das Tiergespräch über den in Deutschland eingewanderten Kalikokrebs. In den Sozialen Medien haben User nach dem Gespräch von Tieren auf Menschen geschlossen. Grund für uns, noch mal mit Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte Mario Ludwig zu sprechen: Wie sieht er das?

Der Kalikokrebs ist eigentlich im Mississippi in den USA zu Hause – seit ein paar Jahrzenten gibt es ihn auch in Deutschland. Diese Art wird als sogenannte invasive Art bezeichnet, die gleichzeitig auch gefährlich ist: Denn der Kalikokrebs frisst am Oberrhein alles leer und steckt heimische Krebse mit einem tödlichen Pilz an. Soweit die Einordnung von Mario Ludwig.

Nach dem Gespräch haben manche Hörerinnen und Hörer angefangen, auf unseren Sozialen Plattformen zu diskutieren – aber nicht über den Kalikokrebs, sondern darüber, ob man von dem Kalikokrebs auf Menschen schließen kann. Ein User schrieb zum Beispiel unter anderem "Multikulti schwächt jeden. Heimat stärkt" ein anderer bezeichnete im Gegensatz dazu das Gespräch als "fremdenfeindlich".

"Das ist ganz sicher nicht die Botschaft des Gesprächs. Also ich teile diese Ansicht nicht. Es geht nicht um Menschen, es geht um Tiere."
Mario Ludwig, Tierexperte

Für Mario Ludwig geht es generell nicht um Menschen, sondern um Tiere – im Fall des Kalikokrebses sei es sogar so, dass es nur um eine Tierart gehe. Von dieser Krebsart könne man nicht auf andere Tierarten schließen und schon gar nicht auf den Menschen. Generell sei es auch so, dass die meisten Tiere nicht aktiv zu uns einwandern, sondern vom Menschen eingeschleppt werden.

Manche Tiere ordnen sich in Ökosystem ein – andere bedrohen die Artenvielfalt

Eingewanderte Arten sind nicht immer gefährlich, sagt Mario Ludwig. Das sei von Art zu Art verschieden. Eingewanderte Arten wie Damhirsche, Flamingos oder das Taubenschwänzchen fügen sich beispielsweise problemlos in unser Ökosystem ein. Aber es gibt natürlich auch Arten, die gefährlich sind, weil sie die Artenvielfalt bei uns bedrohen – das sind eben Arten wie der Kalikokrebs oder der Ochsenfrosch.

"Es gibt Tiere, die fügen sich ganz problemlos in unser Ökosystem ein: Damhirsch, Flamingo oder das Taubenschwänzchen."
Mario Ludwig, Tierexperte

Politisch korrekte Aussprache bei Tierthemen

Auch den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit sieht Mario Ludwig im Fall des Kalikokrebses nicht. Generell gibt es Tiere, die das Ökosystem vernichten, oder die Gesundheit oder Leben von Menschen bedrohen, sagt er. Da sei es ganz legitim, gegen diese Arten vorzugehen.

"Ich achte natürlich drauf – gerade wenn ich über einwandernde Tiere spreche, die ich dann noch negativ beurteile, wie den Kalikokrebs. Dass ich dann auch erkläre, dass das mit Fremdenfeindlichkeit gar nichts zu tun hat. Egal ob das gegen Mensch oder gegen Tier geht."
Mario Ludwig, Tierexperte

Eine politisch korrekte Aussprache hält Mario Ludwig auch bei seinen Tiergesprächen für wichtig – er versucht einzuordnen. Aber es gebe auch einen Grad an Political Correctness, den er nicht mehr verstehe.

Vergleiche zwischen Mensch und Tier legitim – aber nicht zwischen einem Waschbär und Thilo Sarrazin

Die Reaktion auf unser Tiergespräch ist auch nicht das erste Mal, dass Mario Ludwig anders verstanden wird, als er es will: Vor Kurzem hat er im Fernsehen über die Plage von Baumwanzen gesprochen, die es zurzeit in Süddeutschland gibt. In diesem Gespräch habe er gesagt, dass diese Wanzen eigentlich harmlos sind – bis auf die marmorierte Baumwanze, die habe einen Migrationshintergrund, stamme aus Asien und schädige Obst. Im Anschluss habe ihn jemand mit unterdrückter Nummer angerufen und ihm gesagt, dass er ein dreckiger Rechtspopulist sei und schädliche Wanzen mit Migranten gleichsetze. Das habe er aber nicht getan, sagt Mario Ludwig.

"Eine schädliche Wanze, ist eine schädliche Wanze – egal ob sie aus China oder Deutschland kommt."
Mario Ludwig, Tierexperte

Andersherum sei es auch schon vorgekommen, dass er in eine Talkshow eingeladen wurde, um über sein Buch zu sprechen, dass er vor acht Jahren über Invasionen von Tieren und Pflanzen geschrieben hat. Im Vorgespräch wurde er gefragt, ob man da nicht Verbindungen zu Thilo Sarrazin und Migranten ziehen könne – Mario Ludwig hat die Talkshow dann abgesagt.

"Ich finde, Vergleiche zwischen Menschen und Tieren sind durchaus legitim. Aber nicht zwischen einem Waschbär und Thilo Sarrazin."
Mario Ludwig, Tierexperte

Mario Ludwig sagt, dass Vergleiche zwischen Tieren und dem politischen Weltgeschehen keinen Sinn für ihn ergeben. Zwar sei es in manchen Momenten legitim, Vergleiche zwischen Tieren und Menschen zu ziehen – aber nicht zwischen einem Waschbär und Thilo Sarrazin.

Mehr zum Thema:

Shownotes
Invasive Arten
Nicht von Tieren auf Menschen schließen
vom 29. Oktober 2018
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Mario Ludwig, Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte