Große feuchte Augen schauen uns an, die Augenbrauen hochgezogen und in Wellen gelegt – wie wollen wir da einem Hund noch böse sein, auch wenn er gerade alle Kissen auf dem Sofa zerfetzt hat. Der klassische Hundeblick scheint uns immer wieder zu kriegen, Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, woran das liegt.

Eine Sache steht fest: Den Hundeblick bilden wir uns nicht ein, es gibt ihn wirklich. Es sieht wohl so aus, dass Hunde ihn Laufe der Zeit entwickelt haben, weil wir diesem Blick eben nicht widerstehen können. Die Folge: Wir kümmern ums besser um Hunde, die so gucken können. Das haben Biologen aus Großbritannien und den USA im Fachmagazin PNAS beschrieben.

Dazu haben sie zunächst die Schädel von Wölfen und Hunden untersucht. Der Hintergrund: Vor 33.000 Jahren haben Menschen angefangen, Wölfe zu domestizieren, sie zu unseren Begleitern zu machen – die Hundezucht begann. Die Forschenden haben sich vor allem die Gesichtsmuskeln angeschaut. Und da ist ihnen aufgefallen: Hunde haben an den Augenbrauen Muskeln, die Wölfe nicht aufweisen. Ganz genau geht es um den Muskel über der Augenbraue innen in Richtung Nase, der auch Menschen ermöglicht, die Augenbrauen zu heben. Auch beim Sibirischen Husky, einer Hunderasse, die sehr stark an den Wolf erinnert, ist dieser Muskel nicht vorhanden.

Hunde setzen diesen Muskel ein, wenn sie unsicher sind und nicht weiter wissen. Die Forschenden haben sich das genauer angeschaut: Sowohl bei Wölfen in Tierparks als auch bei Hunden in Tierheimen. Schnell war klar: Hunde nutzen diesen Muskel ausgiebig, wenn ein Mensch in der Nähe ist. Wölfe dagegen nicht.

Bei den meisten Menschen löst der Trick mit dem Augenmuskel auf jeden Fall Gefühle und Reflexe aus. Dieser Hundeblick hat etwas Kindliches – große Augen, unschuldiger Blick – ein Trigger nicht nur für Frauchen oder Herrchen. Und Hunde sehen dann oft auch traurig aus, das lässt uns weich werden.

Evolutionäre Augenbraue

Das Wissenschaftsteam geht davon aus, dass wir Menschen im Laufe der Domestizierung der Wölfe hin zu den verschiedenen Hunderassen diejenigen Hunde unbewusst bevorzugt haben, die ihre Augenbrauen einsetzen konnten. Um die haben wir uns besser gekümmert und eher nachgezüchtet. Das hat also eine Art Selektionsdruck ausgelöst und dazu geführt, dass sich dieses Merkmal – Augenbrauen hochziehen – bei den Hunden durchgesetzt hat.

Alles das ging evolutionär gesehen relativ schnell, in nur 33.000 Jahren. Und der Prozess ist nicht abgeschlossen, denn Studien haben gezeigt: Hunde mit Profi-Hundeblick werden eher aus einem Tierheim adoptiert, als Hunde, die das nicht so gut drauf haben. Mal abgesehen vom Kindchenschema ist die Augenbrauenbewegung aber auch ein wichtiges Kommunikationsmittel – und das nicht nur bei Hunden.

Auch wir Menschen sind eine Spezies, die ganz viel mit den Augenbrauen macht. Wer etwas nicht verstanden hat, schaut sein Gegenüber an, legt die Augenbrauen in Falten. Ohne dass sie oder er etwas sagen muss, ist klar: Hier steht gerade jemand auf dem Schlauch.

Das Fazit: Augenbrauen sind ein wichtiges Kommunikationsmittel und das haben Hunde verinnerlicht. Wir Menschen kommunizieren mit Hunden ganz viel über Blicke. Wenn ein Hund nicht weiter weiß, dann schaut er einem Menschen in die Augen, um genau zu sein, auf die obere Augenpartie.

Andere Studien haben schon gezeigt: Hunde bewegen Augenbrauen nur, wenn Menschen da sind. Mit Artgenossen machen sie das nicht. Es scheint sich also um ein Kommunikationsmittel zu handeln, dass Hunde für uns Menschen reserviert haben. Fast so, als hätten sie eine Sprache für den Umgang mit den Zweibeinern entwickelt.

Shownotes
Tierische Mimik
Überlebensvorteil Hundeblick
vom 18. Juni 2019
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Tina Kießling, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion