Wesentlich mehr Männer als Frauen begehen Suizid. Oft hat das auch mit einem veralteten Männerbild zu tun, das es noch immer gibt. Ein neues Hilfsangebot richtet sich daher speziell an Männer.

Content-Warnung: In diesem Artikel und auch im angehängten Audio geht es um Suizidgedanken und Suizidversuche. Bei manchen Menschen können diese Themen negative Reaktionen auslösen oder retraumatisieren. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist.

Für eine lange Zeit hat sich Alexander mit anderen Männern verglichen. Auf ihn haben sie erfolgreich und stark gewirkt, sagt er. So, als ob sie alles schaffen konnten, er aber nicht. Falk ging es ähnlich. Auch er ist mit einem bestimmten Männerbild aufgewachsen. Als Mann, dachte er, müsse er alles mit sich selbst ausmachen. Damals war es für ihn keine Option, über seine Gefühle, Sorgen und Probleme mit anderen zu sprechen.

Du bist nicht alleine

Alexander und auch Falk dachten, sie seien die einzigen, denen es so geht. Beide sind in eine suizidale Krise geraten und haben schließlich versucht, sich das Leben zu nehmen. Bei beiden ist es bei einem Versuch geblieben. Dafür sind sie einen entscheidenden Schritt gegangen: Sie haben sich anderen anvertraut und sich helfen lassen.

Heute möchten Alexander und Falk anderen Mut machen, die sich ähnlich einsam fühlen wie sie damals. Deshalb teilen sie auf der Seite maenner-staerken.de ihre persönliche Geschichte.

Suizidrate bei Männern besonders hoch

Warum jemand darüber nachdenkt, sich das Leben zu nehmen, ist individuell. Oft sind es mehrere Faktoren, die aufeinandertreffen: Überforderung im Job oder im Studium, Probleme in der Beziehung, Unfälle mit schweren Folgen. Besonders bei Männern haben suizidale Gedanken auch mit dem stereotypen Männerbild zu tun, das es in unserer Gesellschaft gibt. Deshalb richtet sich das neue Hilfsangebot maenner-staerken.de speziell an Männer. Denn: Sie begehen wesentlich häufiger Suizid als Frauen. In Deutschland sind 75 Prozent der Fälle Männer.

Darüber reden und entstigmatisieren

Vielen ist das allerdings nicht bekannt. Zu oft werde über diese Thematik noch geschwiegen: "Überhaupt aufzuklären, wie viele Männer betroffen sind, entstigmatisiert", sagt Psychologin Cora Spahn von der Uni Leipzig. Sie hat das Präventionsangebot zusammen mit der Uni Bielefeld und Medical School Berlin entwickelt.

Viele, die in einer psychischen Krise sind und vielleicht sogar Selbstmordgedanken haben, denken, sie wären alleine. Sie kommen daher nicht auf die Idee, dass es Hilfe gibt. Manchen kann es auch schwer fallen, sich überhaupt bewusst zu machen, dass es ihnen so schlecht geht, dass sie Hilfe brauchen.

"Es gibt Hilfen, die rund um die Uhr erreichbar sind wie die Telefonseelsorge. Es gibt in jeder Stadt auch – wenn Sie von akuten, sich aufdrängenden Suizidgedanken betroffen sind – in den ansässigen Psychiatrien Ambulanzen."
Cora Spahn, Psychologin, Uni Leipzig

Das Präventionsangebot soll ihnen daher wie ein Fahrplan dienen, an dem sie sich orientieren können und sehen, welche psychologischen Anlaufstellen es gibt und welche in ihrem Fall am meisten Sinn ergibt.

Auf der Seite des Hilfsangebots klären Fachärzte und Therapeutinnen zusätzlich auch Fragen, die am häufigsten gestellt werden wie: Geht es mir überhaupt schlecht genug, um zum Arzt zu gehen? Wie bekomme ich einen ambulanten Therapieplatz? Was passiert in einer psychiatrischen Klinik? Kann ich gegen meinen Willen eingeliefert werden?

In jedem Fall ist es aber wichtig, dass die Betroffenen sich überhaupt anderen anvertrauen, sagt Cora Spahn. Neben der Telefonseelsorge und psychiatrischen Ambulanzen können das auch Hausärzt*innen sein.

Hol dir Hilfe!

Bestimmte Dinge beschäftigen dich im Moment sehr? Du hast das Gefühl, in einer Situation zu stecken, die du nicht alleine klären kannst? Du weißt nicht mehr, wie es weitergehen soll? Hier findest du einige anonyme Beratungs- und Seelsorge-Angebote.

Shownotes
Suizidprävention
Psychische Krise: Neues Hilfsangebot für Männer
vom 31. Juli 2023
Autor: 
Martin Krinner, Deutschlandfunk Nova