Vor 70 Jahren beschloss der UN-Sicherheitsrat den ersten Einsatz von Friedenssoldaten. Heute sind weltweit 15 Blauhelm-Truppen stationiert. Deutschlands Beteiligung ist eher spärlich.

Deutschland beteiligt sich derzeit an sechs UNO-Friedensmissionen weltweit - mit etwa 1000 Soldaten. "Klingt jetzt erst mal nach viel, andere Nationen setzen aber viel mehr ein", erklärt der Verteidigungsexperte Christian Thiels. Länder wie Indien oder Pakistan schicken hingegen um die 6000 Soldaten in UNO-Blauhelm-Missionen. "Da sind unsere 1000 – für ein Land wie Deutschland, auch mit der Wirtschaftskraft – relativ mickrig."

"Andere Nationen setzen viel mehr ein."
Christian Thiels, Verteidigungsexperte der Tagesschau

Die größte Mission mit deutscher Beteiligung heißt MINUSMA und findet in Mali statt. Das deutsche Engagement beruht hier allerdings auch mehr auf der engen Freundschaft mit Frankreich. Das Zeichen einer deutsch-französischen Zusammenarbeit stand hier mehr im Vordergrund als der Einsatz für die Weltgemeinschaft.

Kleinere Missionen, die weniger im Fokus stehen, sind zum Beispiel UNIFIL im Libanon, eine Mission in Darfur – im Westen des Sudan, sowie eine Mission im Südsudan, in der Sahara und in Libyen. Bei diesen Missionen sind allerdings nur einzelne deutsche Soldaten dabei. Christian Thiels sagt, da gehe es mehr darum, Flagge zu zeigen, richtig reißen könne man da nichts.

Friedensmissionen sind für die Soldaten gefährliche Einsätze

Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, dass der deutsche Einsatz für die UN-Friedenstruppen nicht besonders groß ist. Ein Grund ist, dass das deutsche Militär auch bei uns in Deutschland nicht besonders gut aufgestellt ist. Der Verteidigungsexperte Christian Thiels erklärt: "Die müssten dann ja auch mehr Flugzeuge haben, mehr Fahrzeuge. Und da wissen wir alle – da ist es um die Bundeswehr im Moment nicht sonderlich gut bestellt."

Viele der UNO-Einsätze sind in Deutschland außerdem schwierig zu vermitteln. Christian Thiels vermutet, dass sich der Durchschnittswähler möglicherweise fragt: "Viele Einsätze finden in Afrika statt – warum soll sich Deutschland da engagieren?" Diese Frage wolle man vermutlich in der Politik umgehen. Und: Da sich Deutschland ohnehin schwertue, nationale Interessen zu definieren und diese in der Welt mit diplomatischen aber auch militärischen Mitteln umzusetzen, sei vor allem bei diesen Einsätzen große Zurückhaltung in der deutschen Politik zu beobachten.

Der Wille für größeres Engagement ist da, aber...

Ein ganz anderer Grund: Die Einsätze sind häufig sehr gefährlich – immerhin werden die Soldaten in echte Krisen- und Kriegsgebiete geschickt. Deutsche Soldaten haben außerdem in vielen Regionen, in denen UN-Missionen stattfinden, wenig Erfahrung. In Mali zum Beispiel oder in der Sahara. Da sind die Franzosen durch ihre koloniale Vergangenheit – so seltsam sich das auch anhört – besser informiert und kennen sich vor Ort auch besser aus. 

Bereits im vergangenen Herbst hat die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen angekündigt, dass die Bundesrepublik sich in Zukunft stärker bei den UN-Friedensmissionen engagieren will. Hintergrund: Deutschland strebt auch einen Platz im UN-Sicherheitsrat an. Und wer mehr Mitspracherecht haben will, muss auch ein bisschen mehr Einsatz für die gemeinsame Sache zeigen. Der Wille sei da, aber auf dem Papier sehe die Ankündigung dann doch nicht so bahnbrechend aus, sagt Christian Thiels: "Wenn man sich genau durchliest, was da gemacht werden soll, dann sind das so Unterstützungen bei der Planung von Auslandseinsätzen und hier mal ein Dutzend Stabsoffiziere und ein bisschen Lufttransport, aber gar nicht so richtig viel unterm Strich."

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Shownotes
UN-Friedenstruppen
70 Jahre Blauhelme im Einsatz
vom 29. Mai 2018
Gesprächspartner: 
Christian Thiels, Verteidigungsexperte
Moderator: 
Ralph Günther