Vor allem in Politik und Werbung hören wir Botschaften immer wieder. Das ist Absicht: Ein psychologisches Phänomen sorgt dafür, dass die Wiederholungen wirken.

Partner und Freundinnen machen es, die Werbung macht es, Politiker machen es: Sie setzen auf die Macht der Wiederholung. Das Prinzip: So lange etwas immer wieder sagen, bis die/der andere es glaubt. In einem gewissen Rahmen ist das möglich, denn unser Gehirn und unser Gedächtnis sind darauf ausgelegt.

Das Prinzip, das dem zugrunde liegt, wird Wahrheitseffekt genannt, oder im Englischen: der Illusory Truth Effect. Der beschreibt das Phänomen, dass Aussagen, die zuvor bereits gehört oder gelesen wurden, ein größerer Wahrheitsgehalt zugesprochen wird als solchen, die erstmals gehört werden.

"Manche Menschen akzeptieren Oftgehörtes manchmal auch dann als Wahrheit, obwohl sie es eigentlich besser wissen."
Henning Beck, Hirnforscher und Buchautor

Wer eine (einigermaßen plausible) Botschaft immer und immer wieder sagt, kann bei den Empfängerinnen und Empfängern also die Wahrnehmung erzeugen oder verstärken, dass diese Botschaft wahr und glaubwürdig ist.

Der Effekt wird verstärkt durch ein anderes Phänomen: ″Die Aufgabe des Gehirns ist es, dass es für uns möglichst plausibel und stimmig ist″, sagt Hirnforscher und Buchautor Henning Beck. So könne es zum Beispiel passieren, dass Lima als Hauptstadt von Chile abgespeichert wird, wenn man das nur ausreichend oft gehört oder gelesen hat. Das klappt aber nur dann, wenn die Stadt Lima per se schon mit Südamerika verknüpft wird. Am Ende erscheint alles plausibel, und es wird zur eigenen Wahrheit.

"Ein höheres Lebensalter ist eine Art Selbstverteidigung gegen das Einreden von außen."
Henning Beck, Hirnforscher und Buchautor

Was gegen die Beeinflussung durch Wiederholung hilft: In erster Linie Alter. Denn je mehr Lebenserfahrung und Wissen ein Mensch zur Verfügung hat, desto eher ist sie oder er in der Lage, das Statement abzugleichen und auf den Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.

Sich selbst etwas einreden klappt auch

Nicht nur das Einreden, das Beeinflussen durch Externe wie Politikerinnen und Werber funktioniert. Wir können uns auch selbst verändern, indem wir uns selbst etwas einreden. Wer zum Beispiel vor einer Prüfung aufgeregt und gestresst ist und vielleicht sogar körperliche Symptome wie Zittern und schwitzige Hände zeigt, kann sich selbst einreden, dass das Zeichen von Leistungsfähigkeit sind. "Das wirkt dann auch", sagt Hirnforscher Henning Beck. Menschen könnten dadurch stressrobuster werden.

Shownotes
Politik und Werbung
Die Macht des Einredens
vom 03. August 2020
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Henning Beck, Hirnforscher und Buchautor