Astronomen schauen durch riesige Teleskope in den Himmel. Das ist oft so, muss aber nicht sein: Die Astronomin Wanda Diaz Merced ist blind und forscht erfolgreich auf ihrem Gebiet.
Auf dem Weltkongress der Astronomen, der 2018 in Wien stattfindet, sind mehr als 3.000 Forscher aus 89 Staaten, um die neuesten Erkenntnisse ihres Fachs zu diskutieren. Unter ihnen ist auch Wanda Diaz Merced. Das Besondere an dieser Forscherin: Sie ist blind.
Daten hören als andere Art des Forschens
Wanda Diaz Merced nutzt Töne, um in den Himmel zu schauen (hier im TED-Talk-Video). Für das ungeübte Ohr kann sich das auch mal wie anstrengende Musik anhören. Aber es ist keine Musik, das macht Wanda Diaz Merced direkt klar: Musik ist rhythmisch, von Menschen gemacht. Der Sound der Sterne aber sei chaotisch – und manchmal auch langweilig anzuhören. Ähnlich wie bei wissenschaftlichen Bildern oder Grafiken, die sich andere Forscher ansehen.
"No it is not music, this is sound, I am very clear. Music involves rhythms, harmonic expectations, patterns, that are man made. Na, na! This is sound! It will be chaotic, sometimes it is boring, when you are listening to it."
Das Spektrum eines Sterns ist nicht nur sichtbar – das Auf und Ab der Energie ist auch zu hören. Die Astronomin kann sich zum Beispiel anhören wie Wasserstoff in einer Gaswolke zwischen den Sternen verteilt ist.
Röntgen- und Infrarotstrahlen, schwache Sterne und Galaxien: In der Astronomie sind die meisten Forschungsobjekte mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Sehende Astronomen setzen die Daten in sichtbare Bilder um - Wanda Diaz Merced eben in hörbare. Ihr Ansatz ist ungewöhnlich, ist aber nur eine andere Art des Forschens.
"I use sound to look into the sky. I take all the measurements astronomers acquire with their telescopes and I translate those measurements into sound."
Experimente, die Wanda Diaz Merced für ihre Doktorarbeit vorgenommen hat, deuten sogar darauf hin, dass mit dem Gehör Phänomene wahrgenommen werden können, die mit dem Auge übersehen werden.
"We did experiments, that, when you use sound your sensitivity to events, that by nature will be obscured to the eye, your sensitivity for those events increase."
Mit 28 Jahren wird Wanda Diaz Merced blind – und muss ihr Leben umkrempeln
Sie betreibe Astronomie der Neugier wegen, sagt Wanda Diaz Merced. Dinge erforschen, Neues entdecken – das treibe sie an. Mit diesem Antrieb schafft sie es auch durch die für sie sehr schwierige Zeit vor 15 Jahren: Mit 28 wird sie blind.
"Curiosity is my personal driver. I love to explore and I love to find more. I am always asking questions."
Zu diesem Zeitpunkt studiert sie eigentlich an der Universität von Puerto Rico – aber nach ihrer Erblindung wird sie exmatrikuliert. Denn sie kann als blinde Studentin kein Teleskop nutzen, nichts in der Bibliothek suchen und keine Datenbanken auswerten.
Trotz der Schicksals- und Rückschläge: Wanda Diaz Merced gibt nicht auf. Mittlerweile hat sie einen Doktortitel von der University of Glasgow und arbeitet im Büro für Astronomie-Entwicklung der Internationalen Astronomischen Union in Südafrika.
"I am the last person, that had to pass through all that to be able to publish a paper."
Da hin zu kommen, wo sie heute ist, dafür musste sie kämpfen. Aber Wanda Diaz Merced hofft, dass sie die letzte Person mit Behinderung war, die durch diesen Prozess gehen musste, um forschen zu können. Sie will weiter daran arbeiten ihre Methode bekannt zu machen, damit sich in ein paar Jahren niemand mehr wundert, wenn Astronomen Daten anhören, statt sie anzusehen.
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