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Die Abschiebung des mutmaßlichen Islamisten Sami A. ist stark umstritten. Offenbar haben die Behörden eine Gerichtsentscheidung nicht abgewartet, die die Abschiebung untersagt hat. Der ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg erklärt, wer überhaupt festlegt, wer als Gefährder gilt und wann sie abgeschoben werden dürfen.

Sami A., der mutmaßliche Ex-Leibwächter Osama Bin Ladens, gilt als Gefährder. Das heißt: Die Sicherheitsbehörden nehmen an, dass er zu schwersten Straftaten, möglicherweise zu Anschlägen bereit ist. Beweisen können sie es allerdings nicht. Und genau diese Notwendigkeit der Annahme macht die Sache mit Gefährdern so schwierig, sagt der ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg.

Gefährder-Einstufungen sind Prognosen

Die Einstufung als Gefährder ist eine Prognose, so der Experte. In der Regel nehmen die Staatsschutzabteilungen der Landeskriminalämter diese Einschätzungen vor. Die Fälle werden dann immer wieder von Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder im gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin besprochen und analysiert. 

"Das ist der Knackpunkt bei der ganzen Geschichte. Das ist nichts, was wirklich überprüft wird."
Michael Götschenberg, ARD-Terrorismusexperte

Wirklich überprüfen lassen sich die Annahmen der Behörden aber in der Regel nicht. Und Betroffene können auch nicht dagegen vorgehen. In der Regel erfahren sie nicht einmal etwas von ihrem Status. Das wäre allerdings auch nicht sinnvoll, so Götschenberg, denn sonst könnten sie ihr Verhalten ja anpassen. 

"Ironischerweise sind Gefährder besser vor der Abschiebung geschützt als Nicht-Gefährder."
Michael Götschenberg, ARD-Terrorismusexperte

Um Gefährder abschieben zu können, müssen zwei Grundvoraussetzungen erfüllt werden, erklärt Michael Götschenberg:

    • Zum einen muss die betreffende Person natürlich eine andere Staatsbürgerschaft haben als die deutsche.
    • Außerdem muss es sich um jemanden handeln, dessen Asylantrag bereits abgelehnt wurde.

Das Ironische an der Sache sei, so Götschenberg, dass die Hürden für die Abschiebung eines Gefährders höher liegen als die für einen Aslybewerber, der nicht als Gefährder gilt. Denn im Falle der Gefährder muss vor der Abschiebung noch einmal extra geprüft werden, ob im Herkunftsland nicht Folter oder gar Tod drohen.

Abschiebung von Sami A. rechtswidrig

Sollte einem Gefährder im Zielland also Gefahr drohen, darf er nicht abgeschoben werden, selbst wenn sein Asylantrag abgelehnt wurde. So verhielt es sich offenbar auch im Fall Sami A.: Der mutmaßliche Ex-Leibwächter Osama Bin Ladens hätte laut des zuständigen Gerichts nicht nach Tunesien abgeschoben werden dürfen, weil ihm dort Folter drohen könnte. Der Zweck heiligt in solchen Fällen eben nicht die Mittel, betont Moritz Küpper, unser Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Und zu der Abschiebung gebe es noch viele offene Fragen - etwa, ob das Gericht bewusst im Unklaren gelassen wurde, dass die Abschiebung bereits geplant sei.

Moritz Küpper, DLF-Landeskorrespondent in Nordrhein-Westfalen
"Der Zweck heiligt die Mittel - das ist natürlich im Rechtsstaat genau nicht der Fall."

Derzeit rund 760 Gefährder

Insgesamt sind in Deutschland derzeit etwa 760 Personen als Gefährder eingestuft, berichtet Michael Götschenberg. Die meisten werden dem islamistischen Spektrum zugerechnet, einige gehören aber auch zur rechtsextremistischen Szene. Etwa die Hälfte davon hält sich im Ausland auf, zum Beispiel in Syrien oder im Irak. Der Rest befindet sich in Deutschland, manche auch in Haft.

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Shownotes
Terrorismus-Experte zu Abschiebung
"Gefährder besser geschützt als Nicht-Gefährder"
vom 17. Juli 2018
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Michael Götschenberg, ARD-Terrorismusexperte & Moritz Küpper, DLF-Landeskorrespondent in Nordrhein-Westfalen