Botulinumtoxin, auch Botox genannt, wird von Schönheitschirurgen eingesetzt, um zum Beispiel Falten zu glätten. Es wird aber auch erforscht, wie das Nervengift in der Psychotherapie verwendet werden kann. Wie genau das funktioniert, berichtet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Stephan Beuting.
Depressionen kurieren und möglicherweise sogar eine Borderline-Störung mildern durch Botox. Ob das möglich ist, das untersucht unter anderem Oberarzt für klinische Psychiatrie und Psychotherapie, Tillmann Krüger mit seinem Forschungsteam.
Was ist Botox?
Botox ist die Abkürzung für Botulinumtoxin. Es ist für Menschen und Tiere das stärkste und tödlichste bekannte Gift. Gebildet wird es durch das Bakterium Clostridium botulinum. Die Wirkung ist eine Unterbrechung der Impulsübertragung vom Nerv zum Muskel und dadurch kommt es zu einer Lähmung der Muskulatur.
Seit den 80er-Jahren wird Botulinumtoxin in der Medizin zur Behandlung von unwillkürlichen Muskelkontraktionen im Rahmen von Dystonien oder spastischen Lähmungen eingesetzt. In der Schönheitschirurgie wird es ebenfalls genutzt, um Falten zu unterspritzen.
Die Auswirkungen der Mimik auf die Psyche
Tilmann Krüger untersucht, inwieweit unsere Mimik einen Einfluss auf unsere Psyche hat. Dabei stehen die Psychomotorik und der Gesichtsausdruck im Vordergrund. Unsere Resonanz der Mimik, so die Theorie, zeigt nicht nur, wie es uns geht, sie wirkt sich auch selbst unmittelbar auf unsere Stimmung aus. Wenn wir zum Beispiel die Stirn runzeln, dann sind wir auch innerlich negativ gestimmt.
"Nach dem Motto, ich spüre es ja förmlich auch, wie schlecht es mir geht über diesen Gesichtsausdruck, über diese Spannung, die ich da hab."
Nun wird von Tillmann Krüger und seinem Team erforscht, ob auch eine Kausalität besteht, wenn es um die Therapie von psychischen Krankheiten geht. Sie untersuchen also, ob die Lähmung von negativen Gesichtsausdrücken im Umkehrschluss auch der Psyche helfen kann.
Botox-Therapie: Erste Erkenntnisse vielversprechend
Etwa zwei Drittel der Patient*innen von Tillmann Krüger sprechen positiv auf die Therapie mit Botox an. Ganz neu ist die Erkenntnis nicht, weil schon seit zehn Jahren mit Botox experimentiert wird. Neu ist es aber, dass Tilmann Krüger und sein Forschungsteam durch parallele Magnetresonanztomografien (MRT) einen Wirkungsnachweis erbringen konnten.
"Manche behandelten Patienten geben an, dass Entspannung eingetreten und dass es parallel mit einer Stimmungsveränderung einhergegangen ist."
In dem Versuch wurden Borderline-Patient*innen Bilder von Gesichtern gezeigt und im MRT geschaut, wie sie etwa auf grimmige Gesichter reagieren. Ohne Botox war der Mandelkern, die Amygdala, sehr aktiv. Dieser Mandelkern ist bei den Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung besonders stark in Aktion. Er ist eine wichtige Struktur im Gehirn, die Emotionen verarbeitet. Im MRT war das erste Mal sichtbar, dass durch die Botox-Therapie diese Aktivität abgeschwächt wurde.