Dresden ist bekannt für seine Altstadt – aber für seinen Plattenbauten? Im Stadtteil Gorbitz wurden Teile des größten Plattenbaugebiets von Dresden jetzt unter Denkmalschutz gestellt.
Wenn Touristen Dresden besuchen, steht der Amalie-Dietrich-Platz in Gorbitz wahrscheinlich nicht auf ihrem Tagesplan – es kann sogar sein, dass er vielen Dresdnern nicht mal bekannt ist. Um den Platz herum ist es grau und voller Hochhäuser: den Plattenbauten.
In der DDR wollten viele Menschen in Plattenbauten ziehen. Die Wohnungen galten als modern: Es gab Heizungen, warmes Wasser, Kindergärten und Einkaufsmöglichkeiten. Die Professorin wohnte neben dem Arbeiter. Das hat sich in den 90er Jahren geändert: Wer konnte, zog weg, mittlerweile leben vor allem Menschen mit wenig Einkommen in den Vierteln.
Ein Brunnen auf dem Amalie-Dietrich-Platz, ein Plattenbau und ein Großmosaik sind jetzt Kulturdenkmäler. Die Bauart der Mehrfamilienhochhäuser gilt für viele als hässlich – warum sind die Bauwerke dann schützenswert?
Plattenbauten in Gorbitz sind wichtige Beispiele für industriellen Wohnungsbau
Für Mathias Körner ist es wichtig, diese Beispiele des industriellen Wohnungsbaus vor dem Verschwinden zu bewahren. Sie sollen eine Art Zeitzeuge darstellen. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass die Bauwerke in Gorbitz nun unter Denkmalschutz stehen – und so erhalten bleiben.
"Gebäude unterliegen in der heutigen Zeit einem schnellen Wandel. Extrem natürlich Gorbitz, weil man hier die Leute halten wollte, die Gebäude stark modernisiert hat und nur noch wenig übrig ist."
Mit der Geschichte der Stadt Gorbitz kennt sich Mathias Körner aus. Kunst, sagte er, habe beim Konzipieren der Neubaugebiete in der DDR eine große Rolle gespielt – für Gorbitz habe es ein richtiges Kunstprojekt gegeben.
Deswegen ist auch das sechsstöckige Gebäude, mit den kleinen Keramiktafeln an der Front, jetzt auch Kulturdenkmal. Keine der circa 200 bis 300 Keramiktafeln gleicht der anderen. Andere Gebäude in Gorbitz wurden bereits saniert und modernisiert – früher sahen sie auch so aus.
Neue Kulturdenkmäler könnten Chance für Viertel sein
Manche Bewohner von Gorbitz begrüßen den neuen Denkmalstatus der Bauwerke. Philipp Bruhne ist in Gorbitz aufgewachsen – er findet gut, dass es auch Gebäude geben soll, die in ihrem ursprünglichen Zustand bleiben, damit spätere Generationen sehen können, wie früher gelebt wurde.
"Wenn die Wohnungen nicht mehr schön sind, dann muss es ein bisschen neu gemacht werden. Aber ich finde es gut, dass sie hier was stehen lassen, was nicht restauriert wird. Damit dann die spätere Generation sieht, wie das alles so angefangen hat."
Aber es gibt auch Menschen in Gorbitz, die das anders sehen: ein Mann, der seinen Namen nicht nennen will, wohnt sogar im denkmalgeschützten Plattenbau. Für ihn ist das Gebäude nicht schützenswert, im Gegenteil: Alles sei viel zu neu. Das sei keine Architektur.
"So schützenswert ist es nicht, tut mir leid."
Mathias Körner glaubt, dass sich die neuen Kulturdenkmäler positiv auf den Stadtteil auswirken können. Im besten Fall hofft er auf eine Art Emanzipation – er will, dass die Bürgerinnen und Bürger irgendwann stolz auf ihr Viertel sind.
"Und das kann natürlich, wenn es gut gemacht wird, zu einer Emanzipation führen. Wir wohnen jetzt nicht mehr in einem degradierten Stadtteil, den alle für schlecht halten. Nein, schaut her, wir haben auch etwas."
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