Studien zeigen: Inzwischen ist jeder vierte Mitarbeiter an Hochschulen durch Drittmittel finanziert. Wer steckt dahinter und welche Folgen hat das?
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2016 26 Prozent des Hochschulpersonals über Drittmittel finanziert - 2006 waren es nur 20 Prozent. Trotzdem muss man festhalten: Das allermeiste an Hochschulen wird von Bund und Ländern gezahlt. Das sind keine Drittmittel. Drittmittel nennt man Gelder aus verschiedenen Einrichtungen, zum Beispiel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), vom Bund, der EU oder von privaten Unternehmen.
Grundsätzlich sind Forschungsgelder dafür gedacht, unabhängige Forschung zu betreiben. Bei Bund, EU und DFG brauchen wir uns um die Unabhängigkeit keine so großen Sorgen zu machen, sagt Wirtschaftskorrespondent Mischa Ehrhardt. Problematisch seien eher Finanzierungen aus der Privatwirtschaft, weil es dort schwieriger sei, die dahinterliegenden Interessen nachzuvollziehen.
"Bei Unternehmen kann man nicht ohne Zweifel nachvollziehen, welche Interessen dahinter stehen."
Wer bei Unternehmen, die Geld in Forschung investieren, auch Eigennutz vermutet, liege wahrscheinlich nicht ganz falsch. Das meiste Drittmittelgeld kommt laut Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsexperte Mischa Ehrhardt von der Pharma- und der Autoindustrie.
Unternehmen können Forschungsergebnisse selbst nutzen
Bei der Universität des Saarlandes beispielsweise sind laut Ehrhardt in den vergangenen 15 Jahren 80 Prozent der Drittmittelprojekte von Pharmafirmen finanziert worden, zum Beispiel Novartis, Bayer oder Roche.
"Die Namen kennt auch jeder: Novartis, Bayer, Roche. Natürlich haben die Interessen."
Die Unternehmen wollen profitieren, indem sie beispielsweise Forschungsergebnisse selbst nutzen können. "Eon hatte beispielsweise eine Stiftungsprofessur für Nukleartechnik finanziert", so Mischa Ehrhardt.
Sehr intransparent: Stiftungsprofessuren
Sehr intransparent beispielsweise seien Stiftungsprofessuren, so Ehrhardt. Die werden von Unternehmen finanziert. Hier seien Zusammenhänge und hinterliegende Interessen unklar, Verpflichtungen aber überschaubar. Denn Stiftungsprofessuren werden in der Regel fünf Jahre lang von den Unternehmen finanziert, und danach trägt die Uni die Kosten. Für die Unternehmen rechnet sich die Investition aber in vielen Fällen langfristig, so Erhardt, "sie investieren so in ihre Zukunft".
In welchen Bereichen besonders viel 'investiert' wird, kann Mischa Ehrhardt auch fest machen. Er sagt: "Die Hälfte der Gelder der privaten Wirtschaft fließen in medizinische Einrichtungen oder innerhalb der Gesundheitswissenschaften. Allein in diesen Hochschulbereichen waren es im Jahr 2016 fast 650 Millionen Euro. Wenn man das einmal mit pädagogischen Hochschulen vergleicht, sieht man den Kontrast deutlich: Die haben im selben Jahr nämlich nur 800.000 Euro Drittmittel bekommen."
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