Die Bundesregierung verhängt neue Sanktionen gegen den Iran. Flugzeuge der iranischen Fluggesellschaft Mahan Air dürfen in Deutschland ab sofort weder starten noch landen. Die Begründung der Bundesregierung: Wahrung von außen- und sicherheitspolitischen Interessen.

Hintergrund für die neuen Sanktionen sind sehr konkrete Vorwürfe gegen den Iran: Im Sommer 2018 wurden in Deutschland und Belgien mehrere Iraner und iranische Agenten verhaftet, weil sie einen Anschlag auf ein Treffen iranischer Oppositioneller geplant haben sollen. Genauer: auf die sogenannten Volksmudschahedin, eine oppositionelle Widerstandsgruppe, die sich einmal im Jahr in Paris trifft.

Zwei der verhafteten Agenten hatten Sprengstoff bei sich, als sie festgenommen wurden. Guido Steinberg, Nahost-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik sagt: "Es ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung die Vorwürfe für sehr konkret hält und sie aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer Verurteilung enden werden."

Zwei Entwicklungen spielen eine Rolle

Im Zusammenhang mit den neuen Sanktionen spielen zwei Entwicklungen eine Rolle, so Steinberg. Erstens die Aufkündigung des Atomabkommens durch die Amerikaner im Mai 2018, verbunden mit weiteren Sanktionen. Der Iran fühle sich dadurch zunehmend bedroht, so Steinberg. Zweitens habe es zum ersten Mal seit mehreren Jahren terroristische Anschläge auf iranischem Boden gegeben. "Die Iraner machen arabische Organisationen aus dem Südwest-Iran dafür verantwortlich", so Steinberg.

Anschlägspläne gegen oppositionelle Iraner in Europa

Der Iran fühlt sich also bedroht. Gleichzeitig gab es Anschläge sowie Anschlagspläne auf verschiedene iranische Oppositionelle in Europa.

Guido Steinberg unterscheidet zwei verschiedene Arten von Anschlägen: Da gebe es auf der einen Seite Anschläge, die vom nationalen Sicherheitsrat im Iran abgesprochen seien. Bei diesen Anschlägen seien das Militär, die Revolutionsgarden und der Geheimdienst eingeweiht, aber auch Vertreter der Regierung, zum Beispiel der Präsident. Bei anderen Anschlägen wiederum sei es zweifelhaft, dass der Sicherheitsrat dahinterstecke. Wahrscheinlicher sei es, dass sie auf das Konto von radikaleren Teilen des Sicherheitsapparates gingen. 

"Das heißt aus meiner Sicht, dass da die radikalen Elemente im Apparat vielleicht sogar versuchen, die Regierung Rohani unter Druck zu setzen."

Die Revolutionsgarden seien eine politische Armee des Iran, die geheimdienstliche Gruppierungen haben. Und dann gebe es noch das Geheimdienstministerium. Guido Steinberg vermutet, dass es bei den Anschlagsversuchen in Paris und Dänemark nicht mit der ganzen Professionalität des Sicherheitsapparates vorgegangen wurde. Möglicherweise seien es radikale Kräfte, die versuchen, den Präsidenten Hassan Rohani unter Druck zu setzen.

"Die Iraner und da wahrscheinlich die radikaleren Elemente im Sicherheitsapparat, die intensivieren ihre Aktivitäten in Deutschland und hier in Europa."
Guido Steinberg, Stiftung Wissenschaft und Politik

Im Juli 2018 wurde bei den verhinderten Anschlagsplänen ein iranischer Diplomat aus Österreich in Deutschland verhaftet. Guido Steinberg sagt: "Das weist darauf hin, dass die Iraner Teile ihrer Geheimdienste, die für solche Aktivitäten verantwortlich sind, in Deutschland operieren lassen."

Deutschland scheine in dieser Hinsicht besonders betroffen zu sein. Außerdem sei der amerikanische Druck in den vergangenen Monaten auf Deutschland gestiegen, etwas gegen die Fluglinie Mahan Air zu unternehmen. Die USA habe diese Fluglinie nämlich schon länger im Visier. Das Resultat ist nun, dass das Luftfahrtbundesamt Mahan Air bis auf Weiteres die Betriebserlaubnis entzogen hat.

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Shownotes
Verdacht auf Anschläge in Europa
Neue Sanktionen gegen Iran
vom 21. Januar 2019
Gesprächspartner: 
Guido Steinberg, Stiftung Wissenschaft und Politik
Moderator: 
Thilo Jahn