Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat das neue staatliche Tierwohl-Label vorgestellt. Unternehmen, die das verwenden wollen, müssen bessere Haltungsbedingungen für die Tiere schaffen. Kritik daran: Es bleibt alles freiwillig. Und es gibt zu viele Label.
Ab 2020 soll man in deutschen Supermärkten Fleisch mit dem staatlichen Tierwohllabel kaufen können. Das Label trifft bisher ausschließlich Aussagen über die Schweinehaltung, denn nur für Schweine gibt es entsprechende Haltungskriterien.
Das neue Label wird ein Hinweis darauf sein, dass es den Schweinen vor der Schlachtung immerhin besser ging, als das die aktuellen staatlichen Mindeststandards verlangen. Aber es ist freiwillig. Genau das wirft Renate Künast von den Grünen dem Label vor: Es schafft keine Verbindlichkeit, dafür bedürfe es strengere gesetzliche Regelungen. Am Ende bleibt es den Unternehmen überlassen, ob sie ihre Produkte mit Label versehen und so auf bessere Haltebedingungen für die Tiere setzen oder ob alles so bleibt wie bisher.
"Erfüllen muss die Kriterien nur, wer das Label haben will - das Ganze ist freiwillig."
Das neue Kennzeichen soll es in drei Stufen geben. In allen drei Stufen müssen die Schweine Zugang zu Raufutter und Wühlmöglichkeiten haben und dürfen auf Stroh schlafen. Bisher leben viele Schweine auf Vollspaltenböden, damit Kot und Urin abfließen können.
- In Stufe 1 hat ein Schwein 20 Prozent mehr Platz als im gesetzlichen Standard vorgeschrieben
- In Stufe 2 rund 50 Prozent
- In Stufe 3 rund 100 Prozent
Außerdem dürfen die Ferkel länger bei der Mutter bleiben (in Stufe 1 vier Tage länger), das Schlachten soll schonender ablaufen und der Transport zum Schlachthof darf nur noch acht statt 24 Stunden betragen.
Viele verschiedene Label
Auch verschiedene Supermarktketten haben sich zusammengetan und eigene Label auf den Weg gebracht. Die Fleischkennzeichnungen der Discounter für Schweine, Rinder und Hühner gibt es schon länger. Die Kriterien bezüglich der Tierhaltung wollen die Supermarktketten jetzt vereinheitlichen.
Bei den Eiern hat das mit der Übersichtlichkeit besser geklappt: Seit fast 15 Jahren gilt hier eine einheitliche europäische Regelung, an die sich jeder Betrieb halten muss, indem er Kennzahlen auf das Ei druckt: von 0 (Ei von freilaufenden Hühnern aus ökologischer Erzeugung) bis 3 (Eier aus Käfighaltung). Die Übersichtlichkeit bei den Fleisch-Labeln hinkt denen bei den Eiern hinterher, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anja Nehls.
"Beim Fleisch sind wir noch lange nicht so weit wie bei den Eiern. Als Verbraucher den Überblick behalten, ist fast unmöglich."
Es sollte nur noch ein Label geben, an dem sich alle orientieren können, sagt Klaus Müller, der Chef der Verbraucherzentralen.
Problem: Weder das neue staatliche Tierwohlsiegel noch die einheitliche Fleischkennzeichnung der Discounter bedeuten, dass es keine anderen Labels mehr gibt. Das Bio-Siegel etwa gibt es weiterhin.
Auslauf im Freien gehört bei den Vorschriften für die Tierhaltung beim Bio-Siegel zum Beispiel nicht dazu. Beim Neuland-Siegel hingegen schon – dort werden die Tiere dann allerdings nicht mit biologisch erzeugtem Futter gefüttert. Beim Bio-Siegel hat ein Mastrind etwas mehr Platz als bei Demeter, Naturland oder Bioland. Beim Premium-Siegel des Tierschutzbundes leben mehr Hühner auf einem Quadratmeter als bei Neuland.
Einen Überblick bietet die Seite tierwohl-staerken.de vom Bundeslandwirtschaftministerium. Dort werden auch die anderen Labels erklärt.
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- Bessere Bedingungen für Schlachtvieh: Das staatliche Tierwohllabel rückt näher | Mithilfe des Tierwohl-Siegels sollen Verbraucher besser erkennen, wie die Tiere gehalten wurden. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will die Idee nun durchsetzen.