Sie sind arm, arbeiten hart – Und viele von ihnen haben keine Gebärmutter mehr. Im Landkreis Beed im indischen Bundesstaat Maharashtra gibt es Dörfer, in denen fast der Hälfte der Frauen der Uterus entnommen wurde. Vielen geht es danach schlecht.
Die indischen Behörden vergangenes Jahr zugegeben, dass im Landkreis Beed 80.000 Arbeiterinnen die Gebärmutter entfernt wurde. Dann verschwand der entsprechende Bericht aber wieder in der Schublade, und nach sehr viel medialer Aufmerksamkeit behauptet die zuständige Behörde nun, es seien "nur" 13.000 oder – je nach Aussage – sogar nur noch 1300 Frauen betroffen.
Der Hintergrund: Für Arbeiterinnen in Zentralindien kann die Menstruation ein Problem sein. Viele, die lange Zeit auf den Feldern arbeiten, haben häufig mit ihrer monatlichen Blutung zu kämpfen. Viele von ihnen leiden unter wiederkehrenden Infektionen. "Sie haben viel mehr Beschwerden, als eine deutsche Frau bei der Periode hat", erzählt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Silke Diettrich. Die Frauen vermuten, dass vor allem die hygienischen Bedingungen Schuld daran sind.
Gebärmutterentfernung aus hygienischen und finanziellen Gründen
Auf den Feldern haben die Arbeiterinnen nämlich keine Möglichkeit, eine Toilette zu benutzen. Außerdem verwenden sie keine Einwegbinden, sondern Stofffetzen, die sie nur in dreckigen Pfützen auswaschen können. Hygiene ist also ein Grund für viele, sich für eine Uterus-Entfernung zu entscheiden.
Ein zweiter: ökonomischer Zwang. Die betroffenen Frauen sind offenbar meist Tagelöhnerinnen, die für die Zuckerrohrindustrie arbeiten. Vor allem in Zentralindien ist das eine sehr wichtige Branche. Wenn sie ihre Tage haben, gehen die Arbeiterinnen oft gar nicht erst auf die Felder. Nur: In dieser Zeit verdienen sie kein Geld. Ohnehin wird aber nur sechs Monate im Jahr geerntet. Die finanziellen Einbuße durch die Menstruation fallen also zusätzlich schwer ins Gewicht.
"Es gab einige Ärzte, die ihnen zu dieser Operation geraten haben."
Für die Arbeitgeber und Ärzte ist die Gebärmutterentfernung eine Win-Win-Situation, meint die Aktivistin Manisha Tokle, die sich vor allem im indischen Bundesstaat Maharashtra für Frauen einsetzt: "Es gibt einen indirekten Druck von Seiten der Arbeitgeber. Die wollen ja, dass ihre Arbeitnehmerinnen voll einsatzfähig sind." Sie raten den Frauen zu einem solchen Eingriff, so die Frauenrechtlerin.
So war es auch bei Usha Bimkaran: Vor über acht Jahren wurde ihr vom Arzt empfohlen, ihren Uterus entfernen zu lassen, erzählt sie unserer Reporterin Silke Diettrich. Zu dem Zeitpunkt war die Arbeiterin gerade einmal Mitte 20 Jahre alt. Heute leidet sie unter den Folgen dieses Eingriffs.
"Der Arzt hat gesagt, ich würde danach weniger Schmerzen haben. Aber heute habe ich mehr Schmerzen als zuvor. Nicht im Unterleib, aber an den Armen und Beinen, am Rücken."
Die Arbeitgeber leihen den Frauen zusätzlich das Geld für die Operation, kritisiert Manisha Tokle, und die Ärzte in den Privatkliniken würden damit auch noch gutes Geld verdienen.
Ashok Thorat, Mediziner und Vertreter der örtlichen Gesundheitsbehörde in Maharashtra, streitet das allerdings ab. Die Zahl der Entnahme der Gebärmütter sei nur ein wenig höher als sonst in Indien, führt er an, was auf die schlechten hygienischen Verhältnisse zurück zu führen sei, unter denen die Arbeiterinnen zu leiden hätten. Daher würde es öfter zu schwerwiegenden Infektionen kommen.
Nebenwirkungen und Einkommenseinbuße durch OP
Dass viele der Frauen an Nebenwirkungen der Eingriffe leiden, bestreitet er indes nicht. Dass sie früher in die Wechseljahre kommen und dadurch unter Problemen wie beispielsweise Depressionen oder Knochenschwund leiden, seien typische Symptome. Bei seiner Behörde aber hätten sich keine Frauen beschwert: „Weder bei unserem Untersuchungsausschuss noch bei mir persönlich oder bei einem anderen Offiziellen. Solange sich niemand beschwert, können wir nichts mehr in diese Richtung untersuchen.“
Viele Frauen berichten, dass sie durch solche körperlichen Folgebeschwerden sogar viel weniger arbeiten können als vor der Gebärmutterentfernung. So auch Usha Bimkaran. Hätte sie von den Spätfolgen gewusst, sagt sie, hätte sie sich nie auf den Eingriff eingelassen.
"Früher habe ich viel mehr Geld verdient. Jetzt bin ich sehr oft krank. Ich habe solche Schmerzen in den Gelenken und im Rücken, dass ich kaum noch arbeiten gehen kann."