Selbstgebrannten Fusel gibt es auf der ganzen Welt: Erst im Februar starben mehr als 100 Menschen an einer Methanolvergiftung in Indien. Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Krissy Mockenhaupt hat recherchiert, woran wir eine solche Vergiftung erkennen – und wie wir sie vermeiden können.

Egal ob Indien, Pakistan, Vietnam, Indonesien, Tschechien, die Türkei, die griechischen Inseln oder Skandinavien: In vielen Ländern dieser Welt brennen sich die Menschen illegal Schnaps, da legaler Alkohol oft sehr teuer ist. So kommt es, dass immer wieder Menschen an Methanolvergiftungen sterben, wie zuletzt in Indien. Laut der Süddeutschen Zeitung sterben dort aus diesem Grund jedes Jahr rund 1000 Menschen.

Symptome treten manchmal erst nach Tagen auf

Ethanol heißt der klassische Alkohol, den wir Menschen trinken. Methanol und Ethanol sind verwandte Stoffe – es gibt nur einen wichtigen Unterschied: Wenn Ethanol im Körper abgebaut wird, entsteht Essigsäure, das ist in Maßen ungefährlich. Baut der Körper aber Methanol ab, wird dieser zu Formaldehyd und Ameisensäure. Diese Verbindungen sind hochgiftig für den Körper und können zu schweren Organschäden, Erblinden oder sogar zum Tod führen.

"Wenn du Sehstörungen kriegst, dann sollten sofort alle Alarmglocken läuten, denn die sind ein Symptom, das bei einer Methanolvergiftung auftritt."
Krissy Mockenhaupt, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Vergiften wir uns mit Methanol statt Ethanol, ist das also sehr gefährlich. Denn zuerst ist die Wirkung dieselbe wie beim klassischen Alkohol: Wir werden betrunken und bekommen anschließend einen Kater. Es kann bis zu drei Tagen dauern, bis die Symptome richtig auftreten, sagt unsere Reporterin Krissy Mockenhaupt. Das sind zum Beispiel Sehstörungen – in diesem Fall sollten wir direkt zum Arzt.

Eine Methanolvergiftung kann auch mit Alkohol behandelt werden 

Ende 2018 gab es einen Fall aus Vietnam, der für Aufsehen sorgte: Ärzte hatten einen Mann mit Alkoholvergiftung mit Bier behandelt. Das haben sie ihm gut dosiert in regelmäßigen Abständen und unter Aufsicht verabreicht. Auch der Arzt Steven Dooley sagt: Ethanol in Form von Bier oder Hochprozentigem sei als Erste Hilfe gar nicht verkehrt. Aber eben nur als erste Maßnahme – ein Arzt müsse in jedem Fall so schnell wie möglich aufgesucht werden.

"Sie müssen dann über mehrere Tage etwa ein Promille Alkohol im Blut haben, das heißt, Sie müssen kontinuierlich alle halbe Stunde/Stunde ein Bier trinken."
Steven Dooley, Arzt von der Stiftung Alkoholforschung

Alkohol hilft bei Methanolvergiftungen, weil beiden Stoffe, also Ethanol und Methanol, vom selben Enzym abgebaut werden. Dabei hat Ethanol eine höhere Affinität zu diesen Enzymen. Wenn wir also 100 Moleküle Ethanol und 100 Moleküle Methanol im Körper haben, wird sich das Enzym mit dem Ethanol beschäftigen und nicht mehr mit dem Methanol, sagt Steven Dooley. Dazu müsse aber kontinuierlich eine bestimmte Menge getrunken werden.

"Man sollte damit dann schon so schnell wie möglich zum Arzt gehen und nicht einfach denken, dass man sich die Methanolvergiftung selbst wegsaufen kann."
Krissy Mockenhaupt, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Methanol ist für das bloße Auge nicht von Alkohol zu unterscheiden

Ob wir nun Methanol oder Ethanol vor uns im Glas haben, lässt sich ohne chemische Tests nicht unterscheiden: Methanol ist eine klare Flüssigkeit. Gerade in Getränken, in denen auch andere Geschmäcker sind, lässt es sich weder am Geruch noch am Geschmack erkennen.

"Schützen kannst du dich nur dadurch, indem du vorsichtig bist."
Krissy Mockenhaupt, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Es gilt also immer – besonders auf Reisen: Vorsichtig sein und am besten Alkohol meiden, der besonders billig an der Straßenecke zu kaufen ist oder von Privatpersonen kommt. Auch eine Flasche ohne Etikett sollte uns zu denken geben. Im Zweifelsfall also lieber auf den Schluck aus der Flasche der Urlaubsbekanntschaft verzichten – auch wenn das im ersten Moment unfreundlich wirkt.

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Shownotes
Sebstgebrannter Alkohol
Methanolvergiftung: Bei Sehstörungen direkt zum Arzt
vom 12. Februar 2019
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Krissy Mockenhaupt, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin