Kreativität zu messen, ist sehr schwierig. Trotzdem versuchen Neurowissenschaftler das Rätsel zu lösen, warum manche Menschen aus dem Nichts eine zündende Idee zaubern können – und andere nicht. Eine neue Studie kommt der Antwort etwas näher.

In einem Bewerbungsgespräch könnte euch diese Frage gestellt werden:

"Nennen Sie uns zwölf Beispiele, was man alles mit einem Wasserglas machen kann."Die Frage gibt es wirklich. Je nachdem, wie viel Zeit ihr für die Antwort habt, kommen dann außer diversen "Ähm" vielleicht auch ein paar Ideen raus. Eine neue Studie der Queen Mary Universität in London ist der Antwort, warum manche Menschen spontan kreativ sein können und andere eher nicht, jetzt ein Stückchen näher gekommen.

Kreativität kommt nicht aus dem Nichts

Einen Knopf für Kreativität gibt  es nicht, sagt Neurowissenschaftlerin Christine Blume vom Schlaflabor der Uni Salzburg.

Man könne das vergleichen mit den Backen von Weihnachtsplätzchen: Es muss was  da sein. Und aus dem, was da ist (Mehl, Eier, Butter) entsteht etwas Neues. Ein kreativer Prozess setzt immer voraus, dass etwas da  ist.

Vom Kontext entkoppeln

Wichtig ist dann, dass die Informationen vom ursprünglichen Kontext entkoppelt werden (also zum Beispiel vom Wasserglas). Im Englischen sagt man "thinking outside the box". Das Gehirn muss sich also quasi um die Ecke denken – ohne dabei genau zu wissen, was dahinterliegt. An diesem Prozess beteiligt sind:

  • das Gedächtnis
  • das Vorstellungsvermögen
  • Sprachprozesse 
  • Areale, die für das Kombinieren zuständig sind

Die Alphawellen sind wichtig

In unserem Gehirn gibt es elektrische Ströme, die aus der Aktivität der Nervenzellen resultieren. Diese Wellen unterscheiden sich in der Frequenz und in ihrer Höhe.

Für unsere Kreativität sind besonders die sogenannten Alphawellen bedeutend, sagt die Studie aus London. Die Alphawellen befinden sich im Frequenzbereich zwischen 8 und 12 Hertz und dominieren das Spektrum der Gehirnwellen, wenn wir wach und entspannt sind.

Und genau das - wach und entspannt - müssen wir sein, um von der Muse geküsst zu werden, sagt Christine Blume. Außerdem machen die Alphawellen Platz für Neues.

"Die Alphawellen haben auch eine zweite Funktion. Sie hemmen gewohnte Pfade und geben neue Gedanken frei, aus denen dann Neues geschaffen werden kann."
Christine Blume, Neurowissenschaftlerin am Schlaflabor der Uni Salzburg

Unsere Alphawellen ganz gezielt zu stimulieren, klappt aber nicht. Die Muse küsst auch gerne unter der Dusche – also in dem Moment, in dem ihr nicht an das Problem denkt. Auch wenn euch langweilig ist, könnt ihr oft gute Ideen bekommen. Genau dann stellt sich nämlich die nötige "entspannte Wachheit" ein, die die Alphawellen fördert, sagt Christine Blume. 

Und: Wenn ihr betrunken seid. Dann sind nämlich eure Nervenzellen nicht mehr so erregbar – und auch das fördert Kreativität. Für die eingangs beschriebene Bewerbungssituation ist das aber jetzt vielleicht nicht so die beste Idee.

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Shownotes
Neurowissenschaft
Alphawellen verhelfen unserem Hirn zu mehr Kreativität
vom 11. Dezember 2018
Autorin: 
Rebecca Endler, Deutschlandfunk Nova