Marie Curie war 1903 die erste Frau, die einen Nobelpreis für Physik erhielt. Dann kam lange Zeit keine weibliche Preisträgerin mehr. 1963 wurde die deutsch-amerikanische Wissenschaftlerin Maria Goeppert-Mayer mit dem Preis geehrt. Das war vor 55 Jahren. Jetzt geht der Nobelpreis an drei Wissenschaftler, darunter endlich mal wieder eine Frau. Unser Reporter Stephan Beuting hat nachgefragt, was da los ist mit dem Geschlechterverhältnis in der Physik.
In Stockholm ist etwas sehr Unwahrscheinliches passiert: Der Physik-Nobelpreis ging zur Hälfte an Arthur Ashkin, für die Entwicklung der optischen Pinzette. Die andere Hälfte ging an den Franzosen Gérard Mourou und die Kanadierin Donna Strickland. Für Ihre Entwicklung einer Technik, die das Augenlasern möglich macht. Donna! Das heißt, die Hälfte von der Hälfte geht an eine Frau. Wenn wir uns die lange Liste der Nobelpreisträger seit 1901 anschauen, dann wird schnell klar, wie besonders das ist.
Donna Strickland hat es geschafft. Mit ihrem allerersten Paper überhaupt hat sie direkt einen Treffer gelandet. Und was für einen. Sie hat ultrakurze Laserpulse untersucht, und sie habe Spaß bei der Arbeit gehabt, sagt sie.
"It was a fun time in the field of short-pulse-Lasers and it was a fun group to be in."
Alina Goldkuhle ist 26 Jahre alt und macht gerade ihren Doktor an der Uni Köln im Bereich der Kernphysik. Auch sie mag ihre Arbeit und findet, dass es Frauen in ihrem Arbeitsbereich nicht schwerer haben als Männer. Sie sagt: "Wir werden alle gleich behandelt und das ist auch gut so. Und ich fühle mich auch nicht unwohl oder fehl am Platz."
Geschlechterverhältnis in der Physik: Frauen haben es auf 20 Prozent geschafft
Das Klischee – der Mann als natürliches Naturwissenschaftstalent, die Frau mit angeborenem Physikdefizit – hält sich aber immer noch. Gerade hat der italienische Physikprofessor Alessandro Strumia erklärt, die Physik sei eine Männerdomäne, Frauen hätten nur Chancen, weil sie so überdurchschnittlich gefördert wurden. Strumia ist ein leitender Forscher des europäischen Kernforschungszentrums CERN und wurde vorerst einmal suspendiert.
"Wenn die Frauen es in die Physik geschafft haben, haben sie statistisch gesehen tatsächlich die gleichen Chancen."
Fest steht aber, dass es tatsächlich nur wenige Physikerinnen gibt – vor allem Nobelpreisträgerinnen. Aber warum ist das Geschlechterverhältnis in der Physik so unausgeglichen? Legen männliche Physiker weiblichen Physikerinnen Steine in den Weg? Christine Meyer ist Physikerin, Mitglied der deutschen physikalischen Gesellschaft und unterstützt dort den Arbeitskreis Chancengleichheit. Sie betont, dass – wenn Frauen es in die Physik geschafft haben – sie statistisch auch die gleichen Chancen hätten. Allerdings hätten in der Vergangenheit nur wenige Frauen den Mut gehabt, in die Physik zu gehen. Und das, obwohl dort weibliche Skills wie Teamfähigkeit und Kommunikation sehr gefragt seien.
"Da muss man ganz viel auf Englisch reden, kommunizieren und mit Menschen zusammenarbeiten. Das sind Skills, die normalerweise Frauen zugeschrieben werden."
Christine Meyer weiß aber auch, dass sich das Geschlechterverhältnis in der Physik langsam wieder verbessert. Inzwischen haben es die Frauen immerhin auf 20 Prozent geschafft. "Das finde ich schon ganz beachtlich im Vergleich zu dem, was wir früher hatten", sagt sie. Damit aber mehr Frauen in der Physik für einen Nobelpreis infrage kommen, müssten es noch ein paar mehr werden.
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