Schwere Depressionen mit Psilocybin behandeln und heilen: Ob und wie das möglich ist, daran forscht gerade die Uni Mannheim zusammen mit der Charité Berlin. Wissenschaftlerin Lea Mertens ist an der Studie beteiligt und erklärt, wie der Stoff, der auch in Magic Mushrooms enthalten ist, helfen kann.
Mit 144 Patient*innen, ist die aktuelle "Episode"- Studie zur Wirkung von Psilocybin in der Psychotherapie die erste große Untersuchung zum Thema in Deutschland. Die Studienteilnehmer*innen sind so schwer an Depressionen erkrankt, dass keine Psychotherapie mehr helfen konnte, erklärt Lea Mertens.
Sie ist als leitende Wissenschaftlerin an der Studie beteiligt. Dafür werden in Deutschland unter psychologischer Betreuung Tabletten mit einer sehr hohen Dosis des Wirkstoffs Psilocybin eingenommen. Psilocybin ist die wichtigste psychoaktive Komponente halluzinogener Pilze, auch Magic Mushrooms genannt.
"Die akuten Effekte entstehen durch einen bestimmten Rezeptor im Hirn und auf psychologischer Ebene kommt es zu einem psychedelischen Trip."
Schon in den 1950er und 1960er-Jahren wurde mithilfe psychedelischer Drogen wie "Magic Mushrooms" und LSD (was auch aus Pilzen gewonnen wird) versucht, psychotherapeutisch zu arbeiten. Allerdings etablierte sich LSD schnell als Partydroge und kam daher auch für therapeutische Zwecke in Verruf. Viele internationale Studien zeigen aktuell aber, dass gerade Depressionen gut mithilfe von psychedelischen Wirkstoffen behandelbar sein können.
Akute Wirkungen von Psilocybin auf Patienten
Die Studienteilnehmer*innen haben einen sehr intensiven psychedelischen Trip unter psychotherapeutischer Aufsicht, erklärt Lea Mertens. Der akute Effekt durch die Einnahme entsteht dadurch, dass sich Psilocybin an einen bestimmten Rezeptor im Gehirn setzt. Dieser reguliert die Gehirnaktivität nach unten. Je geringer die Aktivität, desto weniger gibt es ein Ich-Gefühl – was als Depersonalisation bezeichnet wird.
"Die Patienten kommen oft in Kontakt zu sehr tief sitzenden Emotionen und Erinnerungen."
Lea Mertens beschreibt, dass die Studienteilnehmer*innen häufig an sehr tiefe emotionale Ebenen kommen, die sonst verschlossen sind. Außerdem erinnern sie sich an bestimmte Momente intensiver und haben Synästhesie-Momente, verbinden also zum Beispiel Musik mit Farben.
Psychotherapeutische Hilfe durch Psilocybin
Depressionen beinhalten häufig sehr fest gefahrene Denkmuster und Selbstschutzmechanismen. Lea Mertens erklärt, dass es das Ziel ist, mithilfe des Trips an tiefere Emotionen heranzukommen, die unter der Kontrolle der Depression nicht zum Vorschein kommen können.
Sie sagt, dass die Emotionen, die während des Trips gefühlt werden, auch nach dem Trip noch für die Patient*innen spürbar sind und damit neue Ansätze für die anschließenden psychotherapeutischen Sitzungen liefern.
"Ich bin davon überzeugt, dass, wenn Psilocybin zugelassen wird, dann nur im Rahmen eines therapeutischen Konzepts."
Weil die Wirkung das Aufbrechen von Emotionen beinhaltet, werden die Studienteilnehmer*innen gleichzeitig viel verletzlicher, berichtet Lea Mertens. Nur durch Instabilität wäre allerdings in dem stabilen System einer schweren Depression eine Änderung möglich, fügt sie hinzu.
Gleichzeitig unterstreicht sie, dass gerade weil es zu einer großen Instabilität kommt und die Emotionen intensiv sind, Psilocybin nur im Rahmen eines psychotherapeutischen Konzepts Sinn ergeben würde.