Die Bundesregierung plant, gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität vorzugehen. Das Konzept steht. Der Politikwissenschaftler Jakob Guhl kritisiert die Pläne deutlich. Die Regierung setze zu wenig auf effektive Prävention – gerade im Netz.
Nach dem antisemitischen Anschlag in Halle am 09. Oktober hat die Bundesregierung nun ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett hat neun Punkte beschlossen, die noch in konkrete Gesetze übersetzt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise eine Meldepflicht der Plattformen bei Hasskriminalität im Netz oder ein schärferes Waffenrecht.
Jakob Guhl untersucht am Institute for Strategic Dialogue (ISD) in London globalisierten Terrorismus. Zwar begrüßt der Politikwissenschaftler das Vorgehen der Bundesregierung grundsätzlich, bezeichnet das Konzept aber als recht vage. Für ihn ist es zu stark auf Rechtsextreme fokussiert, die schon gewaltbereit sind, also Gewalttaten bereits konkret planen.
"Der Fokus der vorgeschlagenen Maßnahmen liegt vor allem dort, wo es bereits zu spät ist und Personen bereits Gewaltabsichten haben."
Das Papier erwähne zwar auch die Förderung bewährter Programme, allerdings werde nur geprüft, ob hier zusätzliche finanzielle Mittel aufgewendet werden sollen. Institutionen der Prävention und Aussteigerprogramme müssten aber stärker gefördert werden, meint Jakob Guhl.
"Wir hätten uns gewünscht, dass die langfristige Förderung von Präventions- und Bildungsarbeit und von starken zivilgesellschaftlichen Strukturen einen größeren Raum im aktuellen Maßnahmenpaket eingenommen hätte."
Leider beachte die Bundesregierung nicht, dass es online ein breiteres Spektrum von Plattformen jenseits von Twitter, Facebook und Youtube gibt. Die gefährlichsten Mobilisierungsdynamiken beobachtet der Experte auf 4Chan, 8Chan und bei verschlüsselten Messengerdiensten wie Telegram.
Intervention funktioniert online
Darum sei einerseits sei eine bessere Zusammenarbeit mit den kleineren Plattformanbietern wichtig, andererseits sollte man in Radikalisierungsprozesse online aktiv eingreifen. So lasse sich mit aktiver Kommunikation Gewalt effektiv verhindern, sagt Jakob Guhl, oder zumindest der Prozess der Radikalisierung unterbrechen. Das Projekt Counter Conversations des ISD habe gezeigt, dass es möglich sei, Extremisten im Netz frühzeitig zu erreichen. Bei dem Projekt ging es um Rechtsextreme und Islamisten.
"Von besonderer Bedeutung ist es, online aktiv bei Radikalisierungsprozessen zu intervenieren."
Dass es nun nach dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung eine Einschränkung beim Waffenrecht für Mitglieder verfassungsfeindlicher Organisationen geben soll, findet Jakob Guhl richtig. Er erinnert daran, dass es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Waffenfunden in der rechtsextremen Szene gekommen sei. Außerdem findet er es eine gute Idee, dass auch Lokalpolitiker vergleichbar wie Bundespolitiker vor Verleumdung und übler Nachrede im Netzt geschützt werden sollen.
Unser Bild zeigt Mitglieder der rechtsextremen Gruppe Freital am 07.03.2018 vor Gericht. Die Angeklagten wurden wegen der Gründung einer Terroristischen Vereinigung und teilweise wegen versuchten Mordes verurteilt.
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